Videoüberwachung zur Mitarbeiterkontrolle ist verboten
Qualitätskontrolle von Mitarbeiterleistungen ist Leistungskontrolle - Videoüberwachung zur Leistungskontrolle ist unzulässig - keine Konsequenzen für Betreiber unzulässiger Videoüberwachungen?
Hintergrund
Per versteckter Kamera ließ der Betreiber eines Kurzentrums in regelmäßigen Abständen Qualitätschecks durchführen. Damit sollte die Qualität der angebotenen Leistungen sowie das Serviceniveau festgehalten und analysiert werden. Sollten Qualitätsminderungen auf ein Mitarbeiterverhalten rückführbar sein, waren gezielte Schulungen der Mitarbeiter vorgesehen.
Sämtliche Mitarbeiter waren über die geheimen Tests informiert und hatten ihre Zustimmung dazu erteilt. Ein Widerruf der Zustimmung sollte den Mitarbeitern jederzeit ohne Konsequenzen möglich sein.
Erhebungen der DSK offenbaren Umfang der Überwachungsmaßnahmen
Erhebungen der Datenschutzkommission (DSK) ergaben, dass die versteckten Videoaufzeichnungen sich über einen mehrtägigen Aufenthalt von Testpersonen erstreckten. Dabei wurden nicht, wie vom Betreiber des Kurzentrums zugesichert, ausschließlich Mitarbeiter, sondern auch andere Personen, wie Gäste oder Lieferanten erfasst. Darüber hinaus wurden auch Mitschnitte von Telefongesprächen angefertigt und ausgewertet.
Sämtliche Aufnahmen sollten bis zum nächsten „Qualitätscheck“ in etwa zwei Jahren gespeichert bleiben.
DSK: "Qualitätskontrolle" ist in Wahrheit Leistungskontrolle
In ihrer Empfehlung K213.137/0009-DSK/2012 (http://ftp.freenet.at/privacy/ds-at/DSK-K213.137_0009-DSK_201...) stellte die DSK klar, dass entgegen der Bezeichnung durch den Betreiber des Kurzentrums als „Qualitätskontrolle“ ganz klar eine Leistungskontrolle der Mitarbeiter durchgeführt wurde.
Videoüberwachung zur Mitarbeiterkontrolle ist jedoch per Gesetz absolut unzulässig. Zustimmungserklärungen der Mitarbeiter können dieses Verbot nicht umgehen und sind daher bedeutungslos.
Leistungskontrolle muss verhältnismäßig sein
Zwar sei eine Mitarbeiter- bzw. „Qualitätskontrolle“ grundsätzlich zulässig. Die Grundsätze des Datenschutzgesetzes, darunter insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, müssen aber beachtet werden. Gerade bei der Beurteilung von Mitarbeiterleistungen steht stets ein gelinderes Mittel - z.B. die direkte persönliche Beobachtung - zur Verfügung. Videoüberwachung ist daher überschießend und somit unzulässig.
Tonaufnahmen ebenfalls unzulässig
Die angefertigten Tonaufnahmen wurden von der DSK ebenfalls als überschießend und unzulässig eingestuft. Schließlich steht auch in diesem Fall die schriftliche Beschreibung als gelinderes Mittel zur Verfügung.
Konsequenzlose Empfehlung - Datenschutzkommission ohne Strafkompetenz
Als Ergebnis des Verfahrens sprach die DSK gegenüber dem Betreiber des Kurzentrums die Empfehlung aus, zur Qualitätsüberprüfung keine Bild- oder Tonaufnahmen anzufertigen und vorhandenes Material zu löschen.
Weitere Fragen bezüglich der Zulässigkeit der Videoüberwachung, wie jene nach der Melde-, Kennzeichnungs- oder Löschungspflicht blieben unbeantwortet. Die Klärung dieser Fragen wäre aber von großer Bedeutung gewesen. Schließlich droht auf den Betrieb einer Videoüberwachung, ohne ordnungsgemäße Meldung oder Kennzeichnung, eine Verwaltungsstrafe bis zu 10.000,- Euro, rechtswidrige Tonaufzeichnungen wären sogar ein Strafdelikt (§ 120 StGB, bis zu drei Monate Freiheitsstrafe).
Für Verwaltungsstrafen sind jedoch die Bezirksbehörden zuständig, für die rechtswidrigen Tonaufzeichnungen die Gerichte. In beiden Fällen wären zusätzliche Anzeigen bei Verwaltungsbehörde (http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=STRAFBEHOERDEN-...) oder Staatsanwaltschaft (http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=STAATSANWALT) erforderlich.
Datenschutzkommission benötigt Strafkompetenz
Im Fall einer Anzeige muss die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde somit ein eigenes Ermittlungsverfahren durchführen. Nicht nur, dass dies aufgrund der doppelten Arbeit eine reine Geldverschwendung darstellt. Oftmals fehlt es Bezirksverwaltungsbehörden an der nötigen Fachkompetenz, um komplizierte Datenschutzfragen zu beurteilen.
Mit der geplanten EU Datenschutz-Grundverordnung (http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDA...) soll das anders werden, die Aufsichtsbehörde müsste dann auch Strafkompetenzen haben.
Derzeit können Situationen auftreten, in denen die Datenschutzkommission lediglich Empfehlungen zur Herstellung eines rechtskonformen Zustands aussprechen kann - rechtswidriges Verhalten aber keine tatsächlichen Sanktionen nach sich zieht, ein unbefriedigender Zustand.
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