2011/04/26 Datenschutzkommission registriert Google Street View - Welche Rechte verbleiben den Österreichern?
Unter drei Auflagen wurde Google Street View von der Datenschutzkommission genehmigt. Start des Dienstes "bis auf weiteres" nicht geplant. Vor dem Start muss Betroffenen Möglichkeit zum Widerspruch gegeben werden.
Nun ist es amtlich: Google darf auch in Österreich seinen Street View Dienst betreiben. Ende April hat die Datenschutzkommission (DSK) Google den entsprechenden Registerauszug zugestellt.
Was ist Street View?
Street View ist eine Erweiterung von Google Maps, die es Benutzern ermöglicht von Google im Vorfeld abgefahrene Straßen in einer 360°-Ansicht zu betrachten als würde man selbst in einem gläsernen Auto durch die Straßen fahren. Dazu ließ Google spezielle Autos mit mehreren in 2,9 Metern Höhe befestigten Kameras durch Straßen fahren um Panoramafotos zu erstellen.
Mittlerweile hat Google auf diese Art und Weise den Großteil der Vereinigten Staaten von Amerika erfasst, auch weite Teile von Europa sind bereits abfotografiert und zum Teil online betrachtbar. Wo der Dienst verfügbar ist, sieht man am besten, wenn man Google Maps aufruft und bei der Zoom-Leiste die orange Person auf die Karte zieht. Straßen bzw. Gebiete die bereits von Google Street View erfasst sind, werden dann auf der Karte blau dargestellt.
Wie Street View in die Privatsphäre eingreift
Da Google ohne Vorankündigung und ohne wirksame Hinweise durch Österreichs Straßen gefahren ist, wurden auch sämtliche Autofahrer, Passanten, Straßenverkäufer, etc. die zu dieser Zeit auf der Straße waren von Google fotografiert. Dies kann bereits einen Eingriff in die Privatsphäre darstellen, beispielsweise durch unvorteilhafte Aufnahmen, auch können durch diese Bilder sensible Daten gespeichert werden, zB. das Betreten oder Verlassen eines Gotteshauses. Durch die hohe Montagehöhe der Kameras wurden auch Bereiche erfasst, die normalen Passanten verborgen bleiben zB. Einblick in einen Garten über den Zaun hinweg oder durch die Fenster von Wohungen.
Nicht zuletzt könnte Google durch seinen Street View Dienst auch gegen das in Österreich geltende "Recht am eigenen Bild" (§ 78 UrhG) verstoßen, welches das öffentliche Ausstellen von Bildnissen verbietet, sofern dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden.
Gravierende Datenschutzverletzungen bereits bei den Aufnahmefahrten
Nachdem Google im Jänner 2010 Street View registrieren ließ, stellte sich heraus, dass Google neben Bildern auch die Daten über W-Lan Hotspots inkl. derer GPS-Koordinaten speicherte. Da über eine derartige Datenspeicherung in der Registrierung keine Angaben gemacht wurden, verstieß Google damit gegen das Österreichische Datenschutzgesetz (§ 52 Abs 2 DSG 2000 - Betrieb einer Datenanwendung auf eine von der Meldung abweichende Weise). Die ARGE DATEN erstattete Anzeige.
In weiterer Folge stellte sich heraus, dass Google nicht nur die Standorte von W-Lans, sondern auch übertragene Inhalte (wie zB. verschickte E-Mails) gespeichert hat. Daraufhin wurden Google weitere (Bild-)Aufnahmefahrten von der DSK untersagt. Die Fahrten durften erst wieder aufgenommen werden, nachdem zugesichert wurde keine W-Lan Daten mehr zu erfassen und bereits erfasste Daten zu löschen. In Frankreich musste Google wegen des Sammelns von W-Lan Inhaltsdaten sogar 100.000 € Strafe zahlen.
Street View in Österreich
Trotz der Datenschutzverletzungen durch Google im Vorfeld des Street View Dienstes, sowie der berechtigten Bedenken bezüglich der Verletzung der Privatsphäre von unzähligen Betroffenen durch Veröffentlichung der Bilder im Internet hat die Datenschutzkommission unter nur drei Auflagen dem Start des Dienstes Grünes Licht gegeben.
1: "Bei Aufnahmen von Personen in besonders sensiblen Bereichen sind nicht nur die Gesichter, sondern auch die Gesamtbilder der Personen unkenntlich zu machen. Dazu zählen insbesondere die Eingangsbereiche von Kirchen, Gebetshäusern, Krankenhäusern, Frauenhäusern und Gefängnissen."
2: "Bildaufnahmen privater, für einen Spaziergänger nicht einsehbarer Immobilien, wie umzäunter Privatgärten und -höfe, sind vor einer Veröffentlichung im Internet unkenntlich zu machen."
3: Google muss 12 Wochen vor dem Start "geeignete Werkzeuge zur Verfügung stellen, die ein einfaches und unbürokratisches Geltendmachen des Widerspruchrechts" gemäß § 28 Abs 2 DSG 2000 (http://www.argedaten.at/recht/dsg228_1.htm) möglich machen. Dieses Widerspruchsrecht gilt auch für Gebäude. Ob bereits der Widerspruch eines einzigen Mieters reicht um ein gesamtes Wohngebäude verpixeln zu lassen, wie dies in Deutschland der Fall ist, geht aus den Empfehlungen der DSK nicht hervor.
Weiterhin gleich bleibt, dass die Gesichter von Passanten sowie die Nummernschilder von Autos vor der Veröffentlichung verpixelt werden müssen.
Leider hat es die DSK verabsäumt die Rechte der fotografierten Personen umfassend zu schützen. So hatten sowohl die ARGE DATEN als auch andere internationale Datenschutzexperten gefordert, dass die Bilddaten so bald wie möglich nach der Aufnahme anonymisiert werden müssen und keine personenbezogenen Daten in die USA transportiert werden.
Österreich "empfiehlt" - die Schweiz regelt
Während die Österreichische Datenschutzkommission Empfehlungen in Bezug auf Google Street View ausspricht, zog der Schweizer Datenschutzbeauftragte vor Gericht um seine ursprünglich von Google abgelehnten Empfehlungen für mehr Datenschutz gerichtlich durchzusetzen und bekam recht. Die Forderungen des Schweizer Datenschutzbeauftragten deckten sich dabei mit den Empfehlungen der Österreichischen Datenschutzkommission, gingen auch teilweise darüber hinaus.
So müssen in der Schweiz Gesichter und Autokennzeichen vollständig - und nicht zu 99% wie dies Googles automatische Bilderkennungssoftware schaffen würde - unkenntlich gemacht werden - notfalls händisch.
Im Bereich von besonders sensiblen Einrichtungen sind aufgenommene Bilder soweit zu anonymisieren, dass sämtliche identifizierende Merkmale wie Hautfarbe, Kleidung sowie Hilfsmittel von körperlich behinderten Personen unkenntlich gemacht werden.
Bilder die aufgrund der Aufnahmehöhe der Street View Kameras in Privatbereiche Einblicke verschaffen können, die normalen Passanten verborgen blieben dürfen erst gar nicht aufgenommen werden (gegebenenfalls ist die Aufnahmehöhe anzupassen) und müssen sofern bereits vorhanden entweder gelöscht werden, oder es muss eine entsprechende Einwilligung zur Veröffentlichung eingeholt werden.
Des Weiteren muss Google eine Woche vor der Aufnahme weiterer Bilder in der Schweiz bzw. eine Woche vor der Veröffentlichung bereits aufgenommener Bilder, Betroffene nicht nur über Internet sondern über die lokale Presse über diese Tatsache informieren.
Google zeigte sich enttäuscht von dem Urteil und prüft derzeit "was das Urteil für Street View in der Schweiz bedeutet und welche Möglichkeiten der Berufung bestehen". Das Schweizer Gericht hielt jedenfalls fest dass, Google Street View gegen die Bearbeitungsgrundsätze des Schweizer DSG verstößt und der Dienst "sich nicht durch überwiegende private oder öffentliche Interessen rechtfertigen" lässt.
Rechte von Betroffenen
Sollten Google Sie, Ihr Haus / Grundstück oder Ihre Wohnung bereits aufgenommen haben und Sie nicht wollen, dass diese Bilder der gesamten Welt öffentlich zur Verfügung gestellt werden, so können Sie bereits 12 Wochen vor dem Street View Start Widerspruch einlegen. Selbstverständlich ist jedoch auch nach Veröffentlichung der Bilder jederzeit ein Widerspruch möglich. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, dass keines seiner Bilder in Street View aufscheint, der verschickt am Besten schon jetzt vorsorglich die von der ARGE DATEN verfasste Muster-Unterlassungserklärung an Google (http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDA...). Wann Street View in Österreich starten wird, ist im Moment noch nicht bekannt. Laut Googles Unternehmenssprecher ist ein Start "bis auf weiteres" nicht geplant.
Auch in Deutschland hatten Datenschützer ein Widerspruchsrecht vor dem Start von Street View durchgesetzt. Und von der unglaublich hohen Anzahl von 8.458.084 von Street View aufgenommenen Deutschen Haushalten, legten bereits 244.237 vor der Veröffentlichung der Bilder im Internet Widerspruch ein. Das entspricht 2.89%. Google macht keine Angaben darüber wie viele weitere Personen nach der Veröffentlichung Widerspruch erhoben haben.
Kommt Google einem erhobenen Widerspruch nicht nach, so bietet die DSK Betroffenen keine Hilfe. Eine Löschung müsste auf eigenes Risiko gerichtlich geltend gemacht werden, gleichzeitig könnte Google wegen Verletzung der Löschungspflicht beim Magistrat der Stadt Wien angezeigt werden – für diesen Verstoß drohen Strafen von bis zu 10.000 € je Vorfall.
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