Dürfen gleichartige Vereinigungen über einem Dachverband Interessentendaten austauschen?
Besonders bei Interessensvereinigungen tritt folgende Situation häufig auf. In einem Fachbereich, wie Sozialhilfe, Ernährung, Bildung, Kultur, Verkehr usw. bestehen mehrere, an sich unabhängige Vereinigungen. Diese entschließen sich nach einiger Zeit, zum Zwecke der verbesserten Koordination und Öffentlichkeitsarbeit, einen gemeinsamen Dachverband zu betreiben.
Der Dachverband organisiert vorerst bloß gemeinsame Presseerklärungen, Veranstaltungen, Workshops usw., gibt aber nach einiger Zeit auch eine eigene Zeitschrift heraus, hat eigene Mitglieder und möchte auch die Mitglieder der Gründungsvereinigungen direkt informieren. Dazu werden deren Mitgliederadressen benötigt.
Datenschutzrechtlich handelt es sich bei jedem Gründerverein und beim Dachverband um voneinander unabhängige Organisationen. Personenbezogene Daten haben diese Organisationen für ganz bestimmte eigene Zwecke, wie Mitgliederbetreuung, Abonenntendienst, Warenversand, ... ermittelt.
Wenn nichts anderes vereinbart wurde, und dies ist in der Regel bei langjährig existierenden Vereinen der Fall, dürfen die Daten nur innerhalb dieses Vereins zu den ausdrücklich überlassenen Zwecken verwendet werden. Eine Weitergabe an einen Dachverband, ist genauso wie die Weitergabe an 'Schwester'vereinigungen oder völlig fremde Organisationen, nur durch Zustimmung des Betroffenen möglich. Auch gleichartige Statuten oder gleiche 'Themen' erleichtern nicht die Datenweitergabe.
Wie könnte nun die Aussendung einer Dachverbandszeitung an die Mitglieder der Gründungsvereine organisiert werden?
Eine Möglichkeit ist, daß der Dachverband schlicht die entsprechende Zahl von Zeitschriften an den jeweiligen Gründerverein übergibt und dieser bei der nächsten eigenen Aussendung die Zeitschrift beilegt. Eine zweite - zulässige - Möglichkeit ist, daß die Adreßdaten des Gründervereines dem Dachverband ausschließlich zum Zweck des verschickens der Dachverbandszeitschrift ÜBERLASSEN werden. Der Dachverband darf diese Daten zu keinem anderen Zweck aufbewahren, abgleichen oder sonstwie verwenden.
Nachteil beider Möglichkeiten ist, daß Personen, die bei drei gleichartigen Vereinigungen Mitglied sind, unter Umständen die Dachverbandszeitung dreimal unabhängig voneinander zugeschickt erhalten. Dies ist unwirtschaftlich und kann auch von den Betroffenen als lästig empfunden werden.
Wir raten daher zu folgender klaren und unbedenklichen Vorgangsweise:
- Für neue Mitglieder sollte schon im Mitgliedsantrag eine Zustimmungsmöglichkeit vorgesehen werden, daß sie auch Informationen eines bestimmten Dachverbandes erhalten.
- Bestehende Mitglieder sollten im Rahmen regelmäßiger Aussendungen auf dieses neue Informationsangebot aufmerksam gemacht werden und die Möglichkeit haben, ihre Zustimmung zur Datenweitergabe an den Dachverband zu geben.
- Beim - wie oben bechriebenen - Erstversand der angesprochenen Dachverbandszeitung sollte eine Feedback-Möglichkeit vorgesehen werden, daß sich der Betroffene direkt beim Dachverband zum Bezug der Zeitung anmelden kann.
Die Daten aller Personen, die weder einer Datenweitergabe zustimmen, noch sich direkt an den Dachverband wenden, wird man nicht für derartige gemeinsame Aktivitäten verwenden dürfen.
Grundsätzlich könnte auch die Generalversammlung eines Vereines beschließen, daß die Datenweitergabe an einem Dachverband oder an befreundete 'Schwester'organisationen als wesentlicher Teil des Vereinszweckes anzusehen sind und daher nicht individuell zustimmungsfähig ist. Ohne alle Details zu berücksichtigen, wird in diesem Fall für Mitglieder, die vor einer derartigen Statutenänderung beigetreten sind, ein sofortiges Austrittsrecht bestehen.
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