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2005/10/26 Auch der Datenschutzrat sagt "Nein zur Vorratsdatenspeicherung"
Datenschutzrat lehnt Vorratsdatenspeicherung ab - EU-weit keine Zustimmung erkennbar - Österreich kann im ersten Halbjahr 2006 beweisen, ob es bereit ist Grundrechte zu verteidigen

Datenschutzrat lehnt Vorratsdatenspeicherung ab

Eine - für österreichische Verhältnisse - ungewöhnlich klare Position vertritt der Datenschutzrat in Sachen Vorratsdatenspeicherung.

In der vor einigen Tagen stattgefundenen außerordentlichen Sitzung des Datenschutzrates wurde der Plan einzelner EU-Regierungschefs zur umfassenden Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten abgelehnt.

"Eine anlasslose, verdachtsunabhängige undifferenzierte Speicherung des Telekommunikationsverhaltens der Gesamtbevölkerung ist unabhängig von der Speicherdauer als eine unverhältnismäßige Maßnahme einzustufen und als solche mit Art. 8 EMRK und §1 Abs. 2 DSG 2000 unvereinbar.", so die Stellungnahme des Datenschutzrates. Diese Stellungnahme hat gegenüber der Bundesregierung Empfehlungscharakter.

Damit wird auch eine kurzfristige Vorratsspeicherung etwa für drei oder sechs Monate, abgelehnt.

In Österreich gibt es bei Telefondaten rechtlich gesehen ein Speicherverbot, aus Abrechnungsgründen werden jedoch Telefonverbindungsdaten für die Dauer von rund zwei Abrechnungsperioden aufbewahrt. Diese Dauer schwankt, je nach Telefonanbieter zwischen 8 Wochen und 3 Monaten. Im Internetbereich gibt es ebenfalls ein Speicherverbot, auf Grund der dort meist üblichen Pauschalabrechnungen werden auch praktisch in den wenigsten Fällen Internetdaten personenbezogen aufgezeichnet.

Eine Aufzeichnung des Mailverkehrs findet in Österreich bei keinem Provider statt - im übrigen besteht derzeit in keinem EU-Land eine derartige Speicherverpflichtung.

Völlige Unklarheiten bestehen bei den zu erwartenden Kosten und auch zum Nutzen existieren nicht mehr als vage Erwartungen und Hoffnungen.

So können die Experten des Bundeskriminalamts oder des Justizministeriums weder klare Aussagen zu den erwarteten Kosten machen, noch beschreiben unter welchen Szenarien sie bisher durch die fehlenden Vorratsdaten in ihrer Kriminalitätsbekämpfung behindert wurden.

Bezüglich der Kosten schwanken die Schätzungen von 1 Mio. EUR/EU-Land für die reinen Datenträgerkosten, bis mehrere hundert Mio. EUR, nimmt man etwa die derzeitige Kostenregelung aus der österreichischen Überwachungskostenverordnung als Basis.


Offizielle österreichische Position ist noch vage

Während auf Regierungsebene die durchgehende Erfassung von Standortdaten bei Mobiltelefonen (Bewegungsprofile) und von erfolglosen Anrufversuchen klar abgelehnt wird, bleibt die Ablehung der Speicherung von Internetdaten unklar. Bestehende Datenermittlungen von Providern sollen gespeichert werden, nicht jedoch zusätzliche Daten. Dies bedeutet jedoch, dass Daten, die beim Provider im Rahmen der technischen Betriebsführung anfallen, der Aufbewahrungspflicht unterliegen könnten.

Auch bezüglich der Speicherdauer von Telefondaten von bis zu sechs Monaten, ist die offizielle Regierungsposition unzureichend. Auch eine generelle Aufbewahrung für den relativ kurzen Zeitraum von sechs Monaten wäre ein unzulässiger Grundrechtseingriff und somit eine Verfassungsverletzung.


EU-weit keine Zustimmung erkennbar

Insgesamt divergieren die Interessen der einzelnen EU-Länder enorm, verlangen etwa bei der Speicherdauer einige Länder 3 Jahre, so ist für andere Länder auch sechs Monate zu viel. Gleiches gilt beim Umfang der Internetdatenspeicherung. Einzelne Länder fordern eine derart umfangreiche Speicherung, die letztlich einer Permanentüberwachung und Interessenskontrolle der Bürger gleichkommt, andere lehnen jede Form der Internetdatenspeicherung ab.

Auch in Ländern, bei denen der Regierungschef als Hardliner volle Bürgerüberwachung fordert, findet sich in der Bevölkerung breiter Widerstand dagegen.

Es wird immer deutlicher, dass die EU-Institutionen missbraucht werden sollen um Regelungen, die national entweder keine Zustimmung erhalten würden, gegen die nationale Verfassung verstoßen würden oder schlicht unpopulär wären, auf EU-Ebene durchgeboxt werden sollen.

"Die EU" wäre dann wieder Sündenbock für unpopuläre Maßnahmen, die einzelnen Regierungschefs könnten sich als "Helden" eines wie immer gearteten Widerstands feiern lassen.


Erstes Halbjahr 2006 wird Nagelprobe für Österreich

Fest stehen dürfte jedenfalls, dass während der Präsidentschaft Großbritanniens keine Einigung mehr erzielbar ist.

Somit könnte Österreich während seiner Präsidentschaft diesen gefährlichen Bürgerrechtseingriff von der Tagesordnung bringen. Durch ein sinnvolles Maßnahmenpacket zur tatsächlichen Terrorbekämpfung könnte überdies auch noch ein Beitrag zu verbesserter Sicherheit geleistet werden.


freenet-Protest geht weiter

Unter http://www.freenet.at besteht weiterhin die Möglichkeit unseren Politikern die Sorgen zur geplanten Vorratsdatenspeicherung mitzuteilen. Schon mehrere hundert Bürger haben diesen Dienst in Anspruch genommen.

Es ist äußerst wichtig laufend die Politiker an die Einhaltung von Grundrechten zu erinnern und ihnen klar zu machen, dass nicht "Sicherheit um jeden Preis" sondern "Grundrechte und freie Bürger" die Garanten für eine möglichst breite Sicherheit sind.


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