2007/05/22 Blitzlicht im Rotlicht?
Eine neue Entscheidung der DSK (K121.256/0004-DSK/2007) erklärt behördlichen Fotoabend im Bordellmillieu für rechtmäßig
Die besonderen Beziehungen der Exekutive zum Prostituiertenmillieu waren in den vergangenen Wochen und Monaten regelmäßig Gegenstand der täglichen Medienberichterstattung. Gut dazu passt eine aktuelle Entscheidung der DSK, in der sich diese mit einem behördlichen Einsatz in einem bordellartigen Lokal zu befassen hatte. In diesem Zusammenhang gewährt die DSK den einschreitenden Behörden erstaunliche Kompetenzen in Bezug auf die erkennungsdienstliche Behandlung von Personen, die sich in "einschlägigen Lokalen" aufhalten.
Fotoabend im Bordell
Anlassfall war ein Einsatz des zuständigen Landeskriminalamts in einem "bordellartigen Lokal". Laut Behördenangaben war der entsprechende Einsatz aus Anlass anonymer Hinweise in Bezug auf Menschenhandel und grenzüberschreitenden Prostitutionshandel geführt worden. Im Rahmen des behördlichen Einschreitens vor Ort wurden durch die einschreitenden Beamten unter anderem Fotoaufnahmen von vor Ort anwesenden Damen gemacht, die offenbar vorweg als Prostituierte qualifiziert worden waren. Vor Durchführung der Aufnahmen war seitens der entsprechenden Amtsorgane weder auf den Hintergrund der Fotoaufnahmen hingewiesen noch waren die aufgenommenen Personen um Einwilligung ersucht worden. An den Einsatz anschließende Ermittlungen gegen die fotografierten Personen verliefen erfolglos. Da sich die fotografierten Personen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt fühlten (Fotoaufnahmen ohne Einwilligung) erhoben diese Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat, der diese mangels Vorliegen eines Aktes der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt an die Datenschutzkommission abtrat.
Lächeln und Posieren als Zustimmung zu Fotoaufnahmen ?
Die Rechtfertigung der belangten Behörde setzte bei zwei Punkten an. Einerseits wurde argumentiert, die betroffenen Damen hätten den Fotos zwar nicht ausdrücklich zugestimmt, durch "Lächeln und Einnehmen einer vorteilhaften Pose" aber Zustimmung signalisiert. Weiters hätten die Betroffenen ohnedies keine Abwehrmaßnahmen gegen die Fotoaufnahmen gesetzt. Darüberhinaus seien die Aufnahmen auch ohne Zustimmung gerechtfertigt gewesen, verwiesen wurde dabei auf die laufende Ermittlungsarbeit.
Entscheidung der DSK
Die DSK verweist in ihrer Entscheidung auf die vorliegenden Hinweise bezüglich der Delikte der §§ 104a und 217 StGB (Menschenhandel und grenzüberschreitender Prostitutionshandel) und die polizeilichen Kompetenzen nach § 65 Sicherheitspolizeigesetz. Die Fotoaufnahmen hätten dem Vorbeugen eines "gefährlichen Angriffs" der Betroffenen gedient. Durch die Anwesenheit der Damen in einem bordellähnlichen Lokal und die äußerliche Ähnlichkeit mit beschriebenen Tatverdächtigen sei für die Beamten anzunehmen gewesen, dass diese eine gerichtlich strafbare Handlung begehen würden und habe die erkennungsdienstliche Behandlung in der Form von Fotoaufnahmen dazu gedient, der Verwirklichung der entsprechenden Straftaten Einhalt zu gebieten. Der vorgenommene Eingriff sei auch verhältnismäßig gewesen, da andere mögliche Eingriffe (z.B. Fotos der Reisepässe), die dasselbe erkennungsdienstliche Ziel erreicht hätten, mindestens ebensoweit in die Rechte der Betroffenen eingegriffen hätten.
Anwesenheit in Lokal und äußerliche Ähnlichkeit als ausreichender Tatverdacht?
Skurril ist die Auffassung der belangten Behörde, "lächeln und posieren" sei als Zustimmung zum Fotografieren zu werten bzw. der Betroffene habe Abwehrmaßnahmen zu setzen. Klar ist: Fotoaufnahmen als Eingriffe in Persönlichkeitsrechte bedürfen grundsätzlich der eindeutigen Zustimmung von Betroffenen. Der jeweilige Fotografierende muss sich der Zustimmung versichern und nicht sich der Fotografierte gegen entsprechende Aufnahmen wehren.
Die Entscheidung der DSK ist insoferne bemerkenswert, als die entsprechende Bestimmung des Sicherheitspolizeigesetzes einen verhältnismäßigen Eingriff in Persönlichkeitsrechte durch erkennungsdienstliche Maßnahmen als Ausnahme betracht, falls begründeterweise der Verdacht eines bevorstehenden "gefährlichen Angriffs" befürchtet werden kann, worin auch der Eingriff ein Rechtsgut durch eine vorsätzliche Straftat zu verstehen ist. Alleine die Tatsache, dass jemand in einem Lokal anwesend ist bzw. einer vagen Personenbeschreibung, die bei den Behörden eingegangen ist, ähnelt, kann jedenfalls nicht ausreichend sein, um erkennungsdienstliche Maßnahmen zu rechtfertigen. Eine solche Auffassung würde letztendlich zu einer unbeschränkten Behördenkompetenz zur erkennungsdienstlichen Behandlung bei Personenkontrollen führen.
Abwehrmaßnahmen gegen Deliktsopfer?
Ein weiteres Moment verkennt die DSK in ihrer Entscheidung: Die entsprechenden Strafbestimmungen betrachten Prostituierte nicht als Täter sondern Deliktsopfer. Nicht das Ausüben der Prostitution wird mit den zitierten Strafbestimmungen geahndet, sondern das Anwerben und Zuführen zur Prostitution. Täter sind somit diejenigen Personen, die die entsprechenden Zuführungshandlungen zur Prostitution setzen und jedenfalls nicht die Prostituierten. Warum es demnach dazu dienen sollte, einer bevorstehenden Straftat Einhalt zu gebieten, wenn die betreffenden Prostituierten fotografiert werden, ist nicht verständlich.
Fazit
Ermittlungshandlungen im Rotlichtmillieu stellen zweifellos eine besondere Herausforderung an die Exekutive dar. Jedenfalls ist es aber nötig, auch bei derartigen Einsätzen im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Kompetenzen zu agieren. Erkennungsdienstliche Behandlungen sollten sich daran orientieren, ob tatsächlich damit zu rechnen ist, dass diese dazu dienen, strafbare Handlungen zu unterbinden. Die Anwesenheit in schlecht beleumundeten Lokalen kann alleine jedenfalls nicht ausreichend sein, um einen solchen Verdacht zu rechtfertigen.
Archiv --> K121.256/0004-DSK/2007
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