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2002/12/01 Bildungsevidenz, SV-Nummer und Bürgerkarte
Mit Beginn des Schuljahres 2002/03 wurden auch Absolventen von Fachhochschulen zur Bekanntgabe ihrer SV-Nummer aufgefordert. Wir berichteten im PW vom 23. November 2002. Auf Anfrage der ARGE DATEN hat Frau Bundesminister Gehrer reagiert (GZ 31.401/18-VII/9a/2002). Wir zitieren: 'Eine rückwirkende Nacherfassung von Sozialversicherungsnummern von Absolventinnen und Absolventen [der Fachhochschulen, Anm.] ist nicht geplant und im Bildungsdokumentationsgesetz nicht vorgesehen.'

SV-Nummer in Bildungsevidenz nicht notwendig

Damit ist klargestellt, dass Absolventen ihre SV-Nummer nicht bekannt geben müssen. Dies wird auch durch die Dokumentation zur 'Bereitstellung von Informationen über den Studienbetrieb' (BIS 4.1) gestützt. Diese sieht für jeden Studierenden den Aufbau eines 10-stelligen Personenkennzeichens vor, das keinen Bezug zur Sozialversicherungsnummer hat. Es besteht daher keinerlei bildungspolitische Notwendigkeit zur Verwendung der Sozialversicherungsnummer. Diese wird, sofern sie fehlt, durch ein generiertes 'Ersatzkennzeichen' ersetzt.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: 'Sowohl die Auskunft von Frau Bundesminister, als auch die nunmehr vorliegende Dokumentation zum Informationssystem bestätigen unseren Standpunkt. Die Sozialversicherungsnummer wird in der Bildungsevidenz ausschließlich zum Zwecke der späteren Verknüpfbarkeit der Bildungsinformationen mit anderen Datenbeständen, wie Sozialversicherung, Steuerbehörde, Arbeitsamt verwaltet. Ein Bildungsregister könnte auch ohne der SV-Nummer betrieben werden.'

Verfassungsrechtliche Bedenken zur Rechtmäßigkeit der Datenermittlung

Aus der Sicht der ARGE DATEN ergeben sich somit grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erfassung der SV-Nummer durch die Schulbehörden.

Eltern, die gegen die Bekanntgabe der SV-Nummer Bedenken haben, können gegenüber der Schule die Bekanntgabe der SV-Nummer verweigern und von der Schuldirektion einen Bescheid zur Bekanntgabe der SV-Nummer verlangen. Gegen diesen Bescheid kann Einspruch erhoben werden und letztlich beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit ist die ARGE DATEN bereit, entsprechende Musterverfahren sowohl finanziell, als auch organisatorisch zu unterstützten.

Schwere Bedenken gegen Verwendung der ZMR-Zahl bei der e-card

Unter den Begriff 'e-card' läuft das Vorhaben der Sozialversicherungen, die derzeitige Krankenschein-Zettelwirtschaft durch eine Chipkarte zu ersetzen. Die ARGE DATEN hat sich grundsätzlich positiv zu dem Vorhaben geäußert, wenn sicher gestellt ist, dass die e-card weder zusätzliche medizinische, noch verwaltungstechnische Funktionen erfüllt.

Die Verwendung von Chipkarten für mehrere Funktionen wird auch vom angesehenen 'Institut für Technologiefolgenabschätzung' der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im gerade fertiggestellten Forschungsbericht 'Datenvermeidung in der Praxis' äußerst kritisch und ablehnend beurteilt.

So ist geplant, neben den Sozialversicherungsinformationen auf der e-card auch die ZMR-Zahl (Zentrales Melderegister - Zahl), Notfallsdaten, eine digitale Signatur, Bürgerkartenfunktionen und weitere 'Info-Handtaschen' als Multifunktionskarte zu vereinen.

Dazu die Autoren der Studie: 'Eine weitere Überfrachtung zur universellen Multifuktionskarte sollte jedenfalls vermieden werden, ...'. Die Autoren plädieren daher für getrennte Berechtigungskarten und getrennten sogenannten 'digitalen Identitäten'.

Hans G. Zeger: 'Seit Jahren versuchen uns die Proponenten der totalen Datenvernetzung einzureden, die Existenz mehrerer Karten und Kartensysteme würde die Bürger verwirren und mit zu vielen Karten belasten und es sei unmodern in seiner Brieftasche mehrere Karten zu haben. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Mehrere Karten können gezielt eingesetzt werden, der Bürger erkennt schon am äußeren Aussehen, wozu eine Karte verwendet wird.'

Darüber hinaus stellen mehrere Karten einen enormen Sicherheitsgewinn dar. Durch die Beschränkung auf einzelne Funktionen muß der Bürger nur jene Karte mit sich führen die er tatsächlich benötigt. Eine Sozialversicherungskarte, wird jemand, der jahrelang nicht zum Arzt gehen muß, sicher zu Hause verwahren und nicht ständig im Geldbörs'l herumschleppen. Im Verlustfall muß der Betroffene eine oder mehrere Karten nur bei wenigen Institutionen sperren lassen und wird nicht sofort seiner kompletten elektronischen Identität beraubt.

Zentrales Melderegister (ZMR) - Stöbern in Straßen und Gebäuden

Seit Beginn des Jahres wird das Zentrale Melderegister betrieben und jeder Bürger erhielt ein einheitliches Personenkennzeichen.

Gemeinden können in diesem System nicht nur nach einzelnen Personen fahnden, sondern Grundstücke, Straßen und Häuserblöcke nach Personen und Personenstrukturen analysieren.

KufGem, ein auf kommunale EDV-Dienstleistungen spezialisertes Unternehmen bietet folgende Leistung den Gemeinden an: 'Möchten Sie auf Konpfdruck wissen ... wer die Bewohner eines Objekts sind?, ... wo die meisten Bürger einer bestimmten Altersgruppe wohnen?, ...'

Um Mißverständnisse zu vermeiden, hier werden nicht statistische Planungsdaten angeboten, sondern der grundstücks- und regionsbezogene Durchgriff auf personenbezogene Daten.

ZMR-Zahl, SV-Nummer/Bürgerkarte und Bildungsevidenz - der Kreis ist geschlossen

Hans G. Zeger: 'Hinter dem komplexen technisch Systemen, wie BIS, ZMR, Bürgerkarte und e-card steckt eine klare politische Linie. Verwaltungsstellen, wie Bürgermeister können nunmehr die Daten gemeldeter Personen ohne große Probleme flächendeckend abfragen, diese Daten mit Informationen der Bürgerkarte verknüpfen und als Schulerhalter zur Abfrage in der Bildungsevidenz (bzw. in zukünftigen weiteren Evidenzen) nutzen.'

2002 Leitet Trendwende in der Beziehung Bürger/Verwaltung ein. Erst jetzt ist es möglich flächendeckend und genügend genau Daten der Bürger miteinander zu verknüpfen.

Hans G. Zeger: 'Bisher blieb, trotz der Datenvielfalt, der Kontakt zwischen Bürgern und Behörden punktuell und sachbezogen. Die Steuerbehörde wußte viel über die Einkommenssituation, die Universität über die Ausbildung oder eine Sozialversicherung über den Gesundheitszustand des Einzelnen. Daten wurden zwar ausgetauscht, und bei genügend Aufwand konnten diese auch im Einzelfall weitreichend verknüpft werden, doch mangels gemeinsamer Kennzahlen waren die Verknüpfungsmöglichkeiten teuer und beschränkt.'

Mit dem neuen Kombinationsystem kann jeder ambitionierte Bürgermeister, Steuerbeamte oder Verwaltungsreferent zum Sozial-, Rassen- Bildungs- und Gesundheitsforscher werden und verschiedenste Informationen seiner Klienten auf Knopfdruck verknüpfen, vermischen und interpretieren.


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