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2007/05/31 Finanzbehörde versucht auf Telefonverbindungsdaten zuzugreifen
Finanzbehörde beansprucht Telefonrechnungen zur Feststellung des Steuerwohnsitzes - Begehrlichkeit liefert Vorgeschmack auf Nutzung der Vorratsdaten aus Telefon- und Internetverbindung - Begehrlichkeit der Behörden wird steigen

Die Frage des Wohnsitzes von steuerpflichtigen Bürgern stellt sich regelmäßig im Rahmen entsprechender finanzrechtlicher Verfahren sowohl aus Behördensicht als auch aus Sicht der Betroffenen. Besonders umfangreich können Verfahren zur Feststellung des Steuerwohnsitzes und der entsprechenden Steuerpflicht dann werden, wenn betroffene Bürger Wohnsitze in verschiedenen Staaten haben. Bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Wohnsitzes wird seitens der Finanzbehörden üblicherweise sowohl auf Zeugenaussagen als auch zahlreiche Indizien wie Daten aus Bankverbindungen oder Telekommunikationsdaten abgestellt. Eine aktuelle Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenats (UFSZ3K, GZ ZRV/0110-Z3K/06 vom 12.04.2007) befasst sich mit der Kompetenz von Finanzbehörden, bei der Ermittlung des Steuerwohnsitzes auf Telefonrechnungen der Betroffenen zuzugreifen und erteilt diesem Vorgehen - derzeit noch - eine klare Absage.


Ausgangsfall

Anlass für die betreffende Entscheidung des UFS war der Fall einer russischen Staatsangehörigen, die bei der Einreise nach Österreich dabei betreten wurde, dass sie - ohne dies entsprechend zu deklarieren - zwei wertvolle Schmuckstücke in das österreichische Bundesgebiet einführte. Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Finanzstrafverfahrens aufgrund des Verdachts des Schmuggels stellte sich heraus, dass die Betroffene über Wohnsitze sowohl in Deutschland als auch in Österreich und in Russland verfügte. Der Wohnsitz in Russland wurde von der russischen Staatsangehörigen als ihr steuerrechtlicher Wohnsitz angegeben, dementsprechend sei sie als Reisende zu qualifizieren und unterliege sie daher keiner entsprechenden Abgabeverpflichtung.


Feststellung des Steuerwohnsitzes

Zur Feststellung des Steuerwohnsitzes der Betroffenen wurden von Seite der Finanzbehörden zahlreiche Ermittlungsschritte gesetzt. Neben Zeugeneinvernahmen und Einsichtnahmen in den Melderegister wurde auch der österreichische Telekommunikationsdienstleister, welcher von der Betroffenen mitbenutzte  Mobiltelefonanschlüsse betrieb, um Auskunft ersucht. Seitens der Finanzbehörden wurde dabei um Bekanntgabe der Stammdaten entsprechend gemeldeter Teilnehmer und um Einsicht in die Gebührenabrechnung gebeten. Dabei stellte sich heraus, dass beide Anschlüsse dem österreichischen Ehegatten der Betroffenen zugehörig waren. Weiters wurden seitens des Telekommunikationsanbieters auch Daten über die im Berichtszeitraum entstandenen Gebühren, einschließlich Telefonverbindungen ins Ausland mit der betreffenden Netzbezeichnung übermittelt.


Verstoß gegen das Kommunikationsgeheimnis

Seitens der Betroffenen wurde zu diesem behördlichen Vorgehen moniert, dass dieses gegen das Kommunikationsgeheimnis verstoße und nicht durch die finanzstrafrechtlichen Kompetenzen der Behörde gedeckt sei. Gemäß der Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes sei die Finanzstrafbehörde lediglich berechtigt, von den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses zu verlangen. Diese Daten  würden zu den Stammdaten zählen und nicht dem Kommunikationsgeheimnis unterliegen. Bei Daten, die zur Fakturierung verarbeitet werden, handle es sich hingegen um Verkehrsdaten, die gemäß dem Telekommunikationsgesetz dem Kommunikationsgeheimnis unterliegen würden. Auch die allgemeine Auskunftspflicht des FinStrG ermächtige Finanzbehörden nicht in das Kommunikationsgeheimnis einzugreifen, vielmehr sei dies gemäß Art. 10a Staatsgrundgesetz und den Bestimmungen der Strafprozessordnung nur über richterliche Anordnung möglich. Ein Bescheid, der sich auf grundrechtswidrig erlangtes Beweismaterial stütze oder dieses verwerte, sei nichtig und verstoße  gegen das Grundrecht auf Datenschutz. Zudem würden beide Mobiltelefonanschlüsse auf den Ehegatten der Betroffenen lauten und gäben keinen Aufschluss zum Wohnsitz der Betroffenen.


UFS schließt sich Rechtsstandpunkt weitgehend an

Der UFS schloss sich als Berufungsbehörde dieser Rechtsansicht der Betroffenen weitgehend an und führte aus, dass Gebührenabrechnungen zur Fakturierung der Weiterleitung einer Nachricht in einem Kommunikationsnetz Verkehrsdaten und keine Stammdaten seien und daher dem Kommunikationsgeheimnis unterliegen würden. Auch die Auskunfts- und Einsichtnahmerechte, welche Finanzbehörden zustünden, würden am Schutz der entsprechenden Rechungsdaten nichts ändern. Ob auf diese Art rechtswidrig ermittelten Informationen tatsächlich auch ein Verwertungsverbot im Finanzverfahren zukommt, wurde nicht abschließend beantwortet, da aufgrund der Zuordnung des Anschlusses zum Ehegatten der Betroffenen den ermittelten Verkehrsdaten ohnedies keinerlei Beweiskraft zugebilligt wurde. Prinzipiell wurde allerdings von Behördenseite darauf verwiesen, dass bei massiven Grundrechtseingriffen dieser Art dem Schutz der Persönlichkeitsrechte durchaus gegenüber dem Grundsatz der Wahrheitserforschung Vorrang einzuräumen ist.


Rechnungsdaten dürfen nur auf richterlichen Beschluss übermittelt werden

Die Qualifizierung von Verrechnungsdaten als Verkehrsdaten ist für Betroffene ein wichtiger Schritt. Da diese dem Kommunikationsgeheimnis unterliegen, ist ein Zugriff gem. § 149 a StPO nur auf richterlichen Beschluss möglich. Auch die Kompetenzen der Finanzverwaltung gem. § 99 FinStrG Auskunftsersuchen zu stellen, ändern nichts an dieser Tatsache, da von diesem Recht auf Auskunftsverlangen eben nur Stammdaten umfasst sind. Sollten demnach Behörden im Zuge von Finanzverfahren ohne gerichtlichen Beschluss Verrechnungsdaten anfordern, sind Telekommunikationsanbieter keinesfalls berechtigt, diese zu übermitteln. Betroffenen ist anzuraten, in entsprechenden Verfahren auf die Nichtigkeit behördlicher Entscheidungen, die derart erworbene Daten verwerten, zu verweisen bzw. sind auch zivilrechtliche Ansprüche gegen Telekommunikationsdienstleister, die gesetzwidrig Daten an Behörden übermitteln, denkbar.

Archiv --> UFSZ3K, GZZRV/0110-Z3K/06.pdf

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