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Das Fragerecht des Arbeitgebers beim Bewerbungsgespräch
Mag.jur. Jacqueline Kachlyr
Was darf der Arbeitgeber fragen und was muss der Bewerber wahrheitsgemäß beantworten?

„Welche Fragen muss ich denn eigentlich wahrheitsgemäß bei einem Vorstellungsgespräch beantworten?“  - so oder ähnlich stellt sich der Großteil der Jobsuchenden eine grundlegende und in der Praxis äußert relevante Frage. Zumeist bestehen aber Unsicherheiten darüber, was tatsächlich preisgegeben werden muss, und was verschwiegen werden darf. Diese Abhandlung soll einen kurzen Überblick über die aktuelle Rechtslage schaffen und die bestehenden Zweifel ausräumen.

Das Fragerecht des Arbeitgebers - was ist das?

Wenn ein Arbeitgeber sich dazu entschließt neue Mitarbeiter aufzunehmen, hat er ein  Interesse daran, so viel wie nur möglich über den Bewerber in Erfahrung zu bringen. Die Interessenlage ist klar - je mehr der Arbeitgeber weiß, desto eher, wird er eine für sich passende Entscheidung treffen können. Dies widerspricht aber zum Teil den Interessen des Bewerbers, der - verständlicherweise - nicht alles preisgeben möchte. Das kann sich bspw. auf Vorstrafen, Krankheiten bzw. den Gesundheitszustand oder gar auf eine bestehende Schwangerschaft oder auch auf die religiöse Überzeugung oder geschlechtliche Orientierung beziehen. Es gilt nun - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - das Fragerecht des Arbeitgebers in diesen Fällen zu prüfen:

a. Vorstrafen
Nun kann es sein, dass ein Bewerber keinen „reinen Leumund“ vorweisen kann. So wird der Bewerber ein Interesse daran haben, seine Vorstrafen geheim zu halten. Der Arbeitgeber hat aber ein Interesse daran zu erfahren, mit „wem“ er es zu tun hat.
Hat jemand in der Vergangenheit Straftaten begangen, so zählt dies grundsätzlich zu dessen persönlichen Lebensbereich - eine diesbezügliche Frage tangiert also die Privatsphäre des Bewerbers. Gerade jenen Bewerbern, die seither einen ordentlichen Lebenswandel geführt haben, wird es schwer fallen, eine solche Frage wahrheitsgemäß zu beantworten, da dies (wahrscheinlich) ein schlechtes Licht auf den jeweiligen Bewerber werfen wird.

Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. 10 ObS 218/94) ist die Frage nach bereits getilgten Strafen jedenfalls unzulässig und solche müssen mE auch nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden, da die Frage ja bereits von vornherein als unzulässig zu qualifizieren ist.

Grundsätzlich sind auch Fragen nach noch nicht getilgten Vorstrafen unzulässig  - der Bewerber muss eine solche Frage nicht beantworten. Ein diesbezügliches Fragerecht kann aber dann gegeben sein, wenn „(...) es sich um ungetilgte Verurteilungen handelt, die den Bewerber für die angestrebte berufliche Tätigkeit objektiv ungeeignet erscheinen lassen.“ (vgl. 8ObA123/01y). Dann wäre diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. Es ist davon auszugehen, dass bei einer wahrheitswidrigen Antwort auch der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt sein kann, da in seiner solchen Konstellation der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer wahrheitsgetreuen Antwort hat und ihm im Falle einer wahrheitswidrigen Antwort die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.

b. Krankheiten/Gesundheitsdaten/Gesundheitszustand
Fragen nach bestehenden Krankheiten, dem Gesundheitszustand oder auch das „Erfragen“ von sonstigen Gesundheitsdaten, ist mE als unzulässig zu qualifizieren - ein Fragerecht kann hier nicht bejaht werden, da dies einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers darstellt. Auch nach dem Datenschutzgesetz (DSG) sind Gesundheitsdaten als besonders schutzwürdige Daten (=sensible Daten) zu qualifizieren (vgl. § 4 Ziffer 2 DSG).

Ein Fragerecht des Arbeitgebers kann nur dann bejaht werden, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Krankheit/des Gesundheitszustandes hat. In einer Interessensabwägung müssen die Interessen des Arbeitgebers überwiegen. Dies wäre bspw. anzunehmen, wenn jemand an einer infektiösen Hepatitis B leidet (diese ist durch Körperflüssigkeiten, wie bspw. Speichel und Blut, übertragbar). Denn dann bestünde die Gefahr, dass sowohl Kollegen, als auch Kunden, infiziert werden könnten. Das wäre ein nicht tragbares Risiko für den Arbeitgeber. Eine wahrheitswidrige Antwort ist mE unzulässig und kann zur Entlassung führen.


c. Schwangerschaft
Oftmals findet man sich als Frau in der Situation wieder, dass der Arbeitgeber nach einer bestehenden Schwangerschaft fragt. Dies wurde bereits durch die Rechtsprechung geklärt - die „Schwangerschaftsfrage“ ist als unzulässig zu qualifizieren, auch eine wahrheitswidrige Antwort berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit.

Zu fragen bleibt jedoch, ob die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft in Ausnahmefällen (Interessensabwägung!) zulässig sein kann. So wird in der Lehre durchaus zutreffend argumentiert, dass Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft dann zulässig sein kann, wenn durch die in Aussicht gestellte Arbeit, eine Gefahr für die Schwangerschaft und/oder für Mutter und Kind besteht - hierbei könnte man bspw. an die Arbeit mit toxischen Substanzen denken. Dann wäre es dem Arbeitgeber mE nicht zumutbar ein Arbeitsverhältnis einzugehen, dies wäre wohl auch sachlich gerechtfertigt und sohin nicht diskriminierend.


d. religiöse Überzeugung und geschlechtliche Orientierung
Sowohl die Frage nach der religiösen Überzeugung, als auch jene nach der geschlechtlichen Orientierung müssen als absolut unzulässig qualifiziert werden. Denn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers kann hierin nicht erblickt werden. Die Beantwortung solcher Fragen kann verweigert werden. Auch bei einer wahrheitswidrigen Antwort ist eine Entlassung aufgrund von Vertrauensunwürdigkeit als nicht gerechtfertigt anzusehen, da es für die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht auf die religiöse Überzeugung oder geschlechtliche Orientierung ankommen kann.

Das Erfragen nach der religiösen Überzeugung in Tendenzbetrieben wird allerdings in der juristischen Lehre als zulässig erachtet. Tendenzbetriebe sind solche, welche eine „unmittelbare oder überwiegend ideelle (bspw. religiöse) Zielsetzung“ haben. Hierbei könne man den Bewerber nach seiner religiösen Überzeugung zulässigerweise fragen. ME ist auch in Tendenzbetrieben eine solche Frage nicht pauschalierend als zulässig zu qualifizieren, sondern nur dann, wenn die religiöse Überzeugung für die Ausübung des Berufs notwendig ist.


Resümée
Festzuhalten bleibt, dass es zu unzulässigen Fragen während eines Bewerbungsgespräches kommen kann. Es ist daher ratsam, sich bereits im Vorhinein zu überlegen, welche Fragen kommen könnten und wie man diese in seinem ganz persönlichen Fall beantworten müsste oder wann man eine Antwort verweigern kann. Hierbei ist an die oben genannten Kriterien anzuknüpfen.




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