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2015/06/26 Veröffentlichung von Betriebsinterna auf „Facebook“ als Entlassungsgrund
MMag. Michael Krenn
Facebookposting nach Kündigung führt zu fristloser Entlassung - Verstoß gegen Verschwiegenheitsverpflichtung - Öffentlicher Bereich von „Facebook“ gilt als Veröffentlichung - Ist Veröffentlichung auf Facebook immer Entlassungsgrund? - Klarstellung durch Arbeitnehmer gegen Gerüchte muss möglich bleiben

Die vermehrte Nutzung sozialer Medien wirkt sich auch auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Vielen Betroffenen ist gar nicht bewusst, welche Publizitätswirkung die Verbreitung von betriebsinternen Informationen auf sozialen Netzwerken hat. Betreiber wären hier zur Vermeidung von Missverständnissen gefordert, den Zugang zu öffentlichen Bereichen restriktiver zu gestalten. In einer Entscheidung des OGH wurde die Verbreitung von betriebsinternen Informationen auf „Facebook“ mit einem Zeitungsinserat gleichgesetzt und als Entlassungsgrund gewertet (OGH 9ObA111).

Facebookposting nach Kündigung führt zu fristloser Entlassung

Der spätere Kläger war als Kassier einer Bank tätig und wurde gekündigt. Als dieser bereits vom Dienst freigestellt war, wurde er von Nachbarn auf das Gerücht angesprochen, er sei entlassen worden, weil er Geld unterschlagen habe. Um sich zu rechtfertigen, teilte er diesen Personen mit, dass in der Bank auf mysteriöse Weise 15.000 EUR verschwunden seien, er aber dafür nicht verantwortlich sei.

Wenig später stellte der Kläger an einen Arbeitskollegen über Facebook in dem für Nutzer öffentlich zugänglichen Bereich nachstehende Anfrage: „Hallo M*****! Ich habe gehört du bist HK in der R***** - ich habe 2 Fragen an dich (bitte aber um strenge Diskretion). 1. Sind die € 15.000,00 nochmals aufgetaucht?...“. Nach kurzer Zeit löschte der Kläger diesen Eintrag wieder. Wie lange der Eintrag erkennbar war, konnte nicht festgestellt werden.

Einige Tage später teilte der Kläger einem Mitarbeiter eines anderen Bankinstituts, der diesen Eintrag gelesen, aber ihn nicht verstanden hatte, über dessen telefonische Anfrage wiederum im Detail den Sachverhalt mit.

Folglich wurde der Mitarbeiter nachträglich fristlos entlassen mit der Begründung, er habe gegen seine Treuepflicht, insbesondere gegen die Pflicht zur Wahrung der ihm bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verstoßen und dadurch einen Entlassungsgrund verwirklicht.

OGH sieht Verstoß gegen Verschwiegenheitsverpflichtung

Die Entlassung wurde gerichtlich angefochten. Sowohl erst- als auch Zweitinstanz wiesen die Klage ab und bejahten den Entlassungsgrund. Der OGH übernahm diese rechtliche Beurteilung und begründete dies folgendermaßen: Der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit liege vor, wenn der Angestellte ein bestimmtes Verhalten einnehme, das ihn des Vertrauens unwürdig mache, wie etwa Verrat von Betriebsgeheimnissen.

Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis liege vor, wenn die in Frage kommenden Tatsachen oder Vorgänge in einer Beziehung zum Betrieb des Unternehmens stehen und für seine Wettbewerbsfähigkeit Bedeutung haben und nur einem eng begrenzten Kreis bekannt und anderen nur schwer zugänglich wären. Der Angestellte habe daher auch Stillschweigen über für den Arbeitgeber wichtige Informationen, selbst wenn es sich um keine unmittelbaren Geschäftsgeheimnisse handelt, zu bewahren.

Öffentlicher Bereich von „Facebook“ gilt als Veröffentlichung

Zu Unrecht habe der Kläger argumentiert, der Eintrag sei von ihm nicht in die Öffentlichkeit getragen worden, weil nur Arbeitskollegen von ihm darauf reagiert hätten. Mit dem Eintrag im öffentlichen Bereich von „Facebook“ habe der Kläger seine Anfrage gerade nicht im privaten Bereich gehalten, sondern einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Genauso gut hätte er seine Anfrage in eine Tageszeitung setzen können. Schließlich hätten nicht nur Mitarbeiter der Beklagten den Eintrag gelesen, sondern auch ein bei einem anderen Bankinstitut beschäftigter Mitarbeiter, dem der Kläger dann sogar einige Tage später bereitwillig und im Detail Auskunft über den bankinternen Vorfall gegeben habe.

Auch mit dem Argument, er habe lediglich die an ihn herangetragenen Gerüchte und Spekulationen (vom Kläger als „Dorfgespräch“ bezeichnet) aufgeklärt und sich dagegen zur Wehr gesetzt, vermöge der Kläger den Vorwurf der Geheimnisverletzung nicht entkräften. Gegenüber den Nachbarn hätte es zu seiner Verteidigung genügt, sich ganz allgemein davon zu distanzieren. Einer genauen Angabe von bankinternen Details und der Nennung des genauen Betrags habe es nicht bedurft. Seine Treuepflicht habe der Kläger gerade auch dadurch verletzt, dass er die „Gerüchte und Spekulationen“ mit seinen Erklärungen bestätigt habe. Dazu komme, dass sich der Kläger im Dienstvertrag zur Verschwiegenheit verpflichtet habe. Die Beklagte habe ihre Mitarbeiter auch in einem E-Mail gesondert darauf hingewiesen, dass interne Informationen in der Öffentlichkeit nichts verloren hätten und daher davon Abstand genommen werden müsse, in sozialen Netzwerken über den Arbeitsalltag zu posten.

Gerade die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, selbst wenn davon nicht unmittelbare Geschäftsgeheimnisse betroffen seien, müsse beim Dienstgeber die Befürchtung auslösen, dass auch künftig Informationen nicht mit der gebotenen Vertraulichkeit behandelt würden. Wenn der Kläger auch keine leitende Stellung bekleidet habe, so sei er doch als Hauptkassier in einer besonderen Vertrauensposition tätig gewesen.

Ist Veröffentlichung auf Facebook immer Entlassungsgrund?

Trotz des recht eindeutigen Tenors des OGH werden derartige Veröffentlichungen nicht immer als Entlassungsgrund gelten. Im Anlassfall ist zunächst auffällig, dass der Kläger erst vor dem OGH behauptet hatte, er habe die Anfrage nur irrtümlich im öffentlichen Bereich gepostet. Aus Formalgründen war daher dieses Vorbringen nicht mehr berücksichtigt worden. Es ist daher zumindest fragwürdig ob ein „versehentliches Einstellen in den öffentlichen Bereich“ bzw. die Veröffentlichung im Privatbereich eines Nutzers den Dienstgeber ebenfalls zur Entlassung berechtigen würden. Tatsache ist, dass die Publizitätswirkung auf sozialen Medien enorm ist - in diesem Sinne ist die Entscheidung des OGH nachvollziehbar. Vor allem die Betreiber sozialer Netzwerke wären aber gefordert, die Nutzung des öffentlichen Bereichs für User restriktiver zu gestalten, um Missverständnisse zu vermeiden.

Klarstellung durch Arbeitnehmer gegen Gerüchte muss möglich bleiben

Unabhängig von der Frage der Veröffentlichung in sozialen Netzwerken fällt auf, dass der OGH die Verschwiegenheitsverpflichtung sehr weit auslegt, da ja schon die Bekanntgabe der Sache gegenüber Nachbarn offenbar zur Entlassung gereicht hätte. Hier wäre klarer zu unterscheiden, ob ein Arbeitnehmer von sich aus derartige Fälle öffentlich macht oder dies zur Verteidigung oder Rechtfertigung gegenüber kursierenden Gerüchten („Dorftratsch“) dient. Dass sich niemand öffentlich einer Straftat verdächtigen lassen möchte, ist nämlich nur allzu verständlich. Ein nur „allgemeines Eingehen“ auf solche Gerüchte kann hier nicht dieselbe Wirkung haben wie eine Klarstellung der tatsächlichen Situation. Zu bedenken ist nämlich, dass gerade im Anlassfall der Arbeitgeber selbst massiv zu den Gerüchten beigetragen hatte: Dieser hatte offenbar keinerlei Beweise für ein Fehlverhalten des Klägers in Bezug auf die verschwundene Geldsumme. Durch eine in diesem Zusammenhang ausgesprochene Kündigung hat er aber entsprechenden Gerüchten Vorschub geleistet. In diesem Zusammenhang wäre daher zu fordern, die Interessen des Arbeitnehmers an dem Schutz seines persönlichen Rufes stärker gegenüber den Verschwiegenheitsinteressen des Arbeitgebers zu gewichten.




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