Auf Auskunftsverlangen der Polizei richtig reagieren! DSGVO Art 6, 82-83; SPG §§ 19, 34, 53, 54; StPO §§ 152, 153
Rechtsgrundlage für polizeiliche Auskunftsverlangen im Sicherheitspolizeigesetz - Sondervorschriften für Telekommunikationsanbieter - Datenschutz bedeutet nicht Täterschutz - Telefonische Auskunftsersuchen der Polizei - Spannungsverhältnis zum Datenschutzrecht - Conclusio
Immer wieder erhalten Unternehmen telefonische Anfragen der Polizei nach Kontaktdaten eines Kunden.
Rechtsgrundlage für polizeiliche Auskunftsverlangen im Sicherheitspolizeigesetz
Gemäß § 34 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) ist die Polizei im Rahmen ihrer „Hilfeleistungspflicht“ berechtigt von jedem Auskunft zu verlangen, der Hinweise zu einer Gefährdung oder Gefahrenquelle geben kann.
Die Hilfeleistungspflicht der Polizei erstreckt sich ausschließlich auf Fälle in denen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gegenwärtig gefährdet sind oder eine Gefährdung unmittelbar bevorsteht. Brennt beispielsweise ein Haus, oder ist der Polizei bekannt, dass jemand in Kürze eines anzünden möchte, so muss die Polizei Hilfe leisten. Ist ein Haus bereits abgebrannt und besteht keine Gefahr mehr, endet für die Polizei die Hilfeleistungspflicht und somit auch deren Auskunftsanspruch nach § 34 SPG.
Eine Pflicht gemäß § 34 SPG personenbezogene Daten der Polizei bekannt zu geben besteht nicht - gemäß § 54 SPG können derartige Auskünfte freiwillig erteilt werden. Doch auch für nicht personenbezogene Auskünfte ist es der Polizei untersagt Zwangsmittel zu gebrauchen (§ 19 SPG).
Sondervorschriften für Telekommunikationsanbieter
Telekommunikationsanbieter sind gemäß § 53 Abs 3a SPG verpflichtet Auskunft über Namen, Anschrift sowie Teilnehmernummer zu erteilen. Weiters müssen sie IP-Adressen bekannt geben bzw. mitteilen wem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet war, sofern diese Auskunft wesentlich ist um eine konkrete Gefahr abzuwehren.
Weiters sind Telekommunikationsanbieter gemäß § 53 Abs 3b SPG verpflichtet unverzüglich Auskunft über Standortdaten sowie die internationale Mobilteilnehmerkennung (IMSI) eines Kunden zu erteilen sofern eine gegenwärtige Gefahr für dessen Leben, Gesundheit oder Freiheit besteht.
Ab April 2012 dürfen für derartige Auskünfte auch Vorratsdaten verwendet werden wobei Betroffene über die Verwendung informiert werden müssen.
Datenschutz bedeutet nicht Täterschutz
Die oben geschilderten Fälle betreffen Situationen in denen die Polizei von sich aus berechtigt ist Auskünfte einzuholen um akute Gefahren abzuwehren. Für die Aufklärung und Verfolgung von vollendeten Straftaten stehen in gerichtlichen Strafverfahren gemäß den Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) weit umfangreichere Befugnisse zur Beweismittel Beschaffung zur Verfügung auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird.
Auch im gerichtlichen Strafverfahren können formlose Auskünfte im Rahmen von „Erkundungen“ gem. § 152 StPO freiwillig erteilt werden. Aussagen im Rahmen von „Vernehmungen“ müssen hingegen richtig und vollständig erteilt werden. Einer Vernehmung muss jedoch eine schriftliche Ladung sowie eine Information über Rechte und Pflichten voraus gehen (§ 153 StPO).
Telefonisches Auskunftsersuchen der Polizei
Äußerste Vorsicht gilt bei telefonischen Auskunftsersuchen der „Polizei“. Da sich am Telefon die Identität des Anrufers nicht feststellen lässt, könnte es sich leicht um eine Person handeln die unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen an vertrauliche Daten gelangen möchte - Stichwort Social Hacking. Per Telefon sollten daher keine Auskünfte erteilt werden. Gleiches gilt für Auskunftsverlangen per E-Mail.
Sofern Polizeibeamte persönlich Auskünfte einholen, sollte man sich jedenfalls per Dienstausweis von deren Identität überzeugen. In der Regel sind falsche Polizisten zwar an Bargeld interessiert, doch auch Daten können wertvoll sein.
Datenschutzrechtliche Spannungspunkte
Das Datenschutzrecht gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genießt Vorrang gegenüber einfachen Gesetzen. Beschränkungen dieses Anspruches sind gemäß Art 6 DSGVO zulässig, sofern
- die Einwilligung des Betroffenen für die Verarbeitung vorliegt,
- die Erfüllung eines Vertrages eine Verarbeitung erfordert,
- die Verarbeitung aufgrund von rechtlicher Verpflichtung erfolgt,
- die Verarbeitung im lebenswichtigen Interessen des Betroffenen oder anderer natürlichen Personen erfolgt,
- die Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder Dritten erfolgt,
- die Verarbeitung im öffentlichen Interesse oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt
Vor einer Auskunftserteilung an die Polizei sollte daher auf eine schriftliche Anfrage bestanden werden. Aus dieser sollte neben der Rechtsgrundlage hervorgehen wer, welche Daten, für welchen Zweck benötigt. Anderenfalls wird die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Auskunft unmöglich sein.
Bestehen Zweifel in Bezug auf die Auskunftspflicht kann die Datenschutzbehörde (DSB) kontaktiert werden. Diese ist gemäß § 90 SPG auch für Beschwerden wegen Verletzungen von Datenschutzbestimmungen zuständig.
Datenschutzverletzungen im Sinne des Art 6 DSGVO werden mit hoher Geldstrafe bedroht (Art 83 Abs 5 DSGVO). Für die Verhängung der Strafe ist die Datenschutzbehörde zuständig. Neben der Geldstrafe können Betroffene Schadenersatzklage geltend machen. Die Schadenersatzklage ist beim Zivilgericht einzubringen.
Conclusio
Zweifellos ist es zu begrüßen, dass die Polizei zur Abwehr einer akuten Gefahr Auskünfte jeglicher Art einholen kann. Die Fälle, in denen sich Gefahren (nur) durch die Beauskunftung personenbezogener Daten abwenden lassen, werden in der Praxis jedoch verschwindend gering sein. Eine Pflicht in solchen Fällen mit der Polizei zusammen zu arbeiten, besteht nicht. Für die Aufklärung bereits erfolgter Straftaten gelten ohnehin die Bestimmungen der StPO.
Betroffene von Auskunftsverlangen der Polizei sollten die oben beschriebenen Grundsätze beachten und genaue Informationen verlangen, warum bestimmte Daten benötigt werden, um nicht selbst Bestimmungen der DSGVO oder andere Geheimhaltungsbestimmungen zu verletzen.
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