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2007/05/08 Eurofighter-Ausschuss und das Steuergeheimnis - Datenschützer Molterer?
Steuergeheimnis und Datenschutz als Vorwand zur Behinderung parlamentarischer Arbeit - Ausnahmen vom Steuergeheimnis erlaubt Weitergabe an Untersuchungsausschuss - Finanzministerium handelt derzeit offenbar rechtswidrig

Der parlamentarische Untersuchungs-Ausschuss zur Eurofighter-Causa kommt nicht aus den Schlagzeilen. In den vergangenen Wochen sorgte vor allem für Aufregung, dass unter Berufung auf das gesetzlich festgelegte Steuergeheimnis die Finanzakten eines Beteiligten nur in weitgehend unkenntlich gemachter Form an den Ausschuss übermittelt wurden. Ob nun einzelne Passagen eines Steueraktes "geschwärzt" wurden oder anstatt echter Aktenteile einfach weiße Seiten an den Ausschuss übermittelt wurden, stellt sich die Frage: Wie sieht das mit dem Steuergeheimnis eigentlich aus? Verbietet dieses tatsächlich die Aktenübermittlung an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss?


Das Steuergeheimnis

Das abgabenrechtlich verankerte Steuergeheimnis ist eine besondere Ausformung des allgemeinen behördlichen Amtsgeheimnisses und begründet die grundsätzliche Verpflichtung von Finanzbehörden, die steuerlichen Verhältnisse der jeweiligen Verfahrensparteien, zu deren Bekanntgabe diese gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet sind, geheimzuhalten. Normiert ist das Steuergeheimnis in § 48a der Bundesabgabenordnung, der neben den zuständigen Finanzbeamten auch beigezogene Sachverständige und generell Personen, welche entsprechende Informationen aus Akten eines Finanzverfahrens beziehen, zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung verpflichtet. Verboten ist das "unbefugte Offenbaren und Verwerten" der Inhalte von Steuerakten.


Ausnahmen

In den letzten Jahren wurde von Steuerexperten die zunehmende Durchlöcherung des Steuergeheimnisses kritisiert. Etwa wurde durch Einführung einer neuen Regelung der Datenaustausch mit Sozialversicherungsbehörden, Zollämtern und der Spezialeinheit zur Betrugsbekämpfung KIAB ("Schwarzarbeit") ermöglicht. Darüberhinaus ist die Übermittlung von Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, bei ausdrücklichen gesetzlichen Ausnahmetatbeständen zulässig sowie dann, wenn sie im zwingenden öffentlichen Interesse gelegen ist bzw. der Betroffene der Übermittlung zustimmt. Zu bedenken ist, dass entsprechende gesetzliche Ausnahmeregelungen verfassungsrechtlich zulässig sein müssen, sowohl in Hinblick auf das Amtsgeheimnis als auch das Grundrecht auf Datenschutz.


Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Die Möglichkeit des Nationalrats, durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einzusetzen, ist verfassungsgesetzlich in Art. 53 der Bundesverfassung geregelt. Die näheren Bestimmungen zu den Untersuchungsausschüssen finden sich in dem BG über die Geschäftsordnung des Nationalrats.

Die Verpflichtung von Ämtern, an den Untersuchungsausschüssen mitzuwirken, ergibt sich schon aus der Verfassungsbestimmung. Gerichte und andere Behörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten, auf Verlangen haben alle öffentlichen Ämter ihre Akten dem Ausschuss vorzulegen. Eine ähnliche Bestimmung findet sich auch nochmals in dem Gesetz über die Verfahrensordnung der Untersuchungsausschüsse. Die gebotenen Beweise werden dabei durch sogenannte "Beweisbeschlüsse" des Ausschusses erhoben.


Fragwürdige Rechtsauffassung des Finanzministeriums

Betrachtet man somit die gesetzlichen Grundlagen scheint es eindeutig: Die Verpflichtung zur Aktenübermittlung an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss gilt ausnahmslos für alle Behörden, somit- mangels Ausnahme- auch für Finanzbehörden und ist auch verfassungsgesetzlich abgesichert. Die Finanzbehörden begründen ihr Vorgehen damit, dass die entsprechenden Aktenbestandteile für den Untersuchungsauftrag des Ausschusses nicht relevant seien. Tatsächlich darf der Untersuchungsausschuss Beweise nur  für die Erfüllung seines Untersuchungsauftrages, der sich aus dem Beschluss des Nationalrats ergibt, erheben. Woher allerdings die Finanzbehörden eine Kompetenz nehmen sollten, im Rahmen einer Vorauswahl zu entscheiden, welche Beweise für den Untersuchungsausschuss relevant sind, ist überaus fragwürdig. Eine Entscheidung, welche Beweise erhoben werden, steht ausschließlich dem Ausschuss selbst zu. Die Regelungen zur Aktenübermittlung an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss stellen einen eindeutigen Ausnahmetatbestand vom Steuergeheimnis dar.


Geheimhaltungspflicht der Ausschussmitglieder

Durch das Finanzministerium wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass sich in den vergangenen Monaten offenkundig zahlreiche Abgeordnete als "Plaudertaschen" erwiesen hätten und Details der Untersuchungsausschüsse stets an die Medien und Öffentlichkeit gelangt seien. Das mag richtig sein, als Begründung für eine eingeschränkte Aktenübermittlung taugt dies aber nicht. Die Mitglieder der Untersuchungsausschüsse unterliegen selbstverständlich- ebenso wie die Finanzbeamten- dem Steuergeheimnis, darüber hinaus ergeben sich eigene Vertraulichkeitspflichten aus dem Gesetz über die Geschäftsordnung. Ein Abgehen von der Verpflichtung zur Aktenübermittlung ist als Sanktion, falls Ausschussmitglieder diese Verpflichtungen nicht einhalten, allerdings nicht vorgesehen. Dagegen könnten Ausschussmitglieder wohl im Rahmen der Amtshaftung belangt werden, falls durch ihr Verschulden Details aus Steuerakten unbefugt an die Öffentlichkeit gelangen.


Ergebnis

Die behördliche Verschwiegenheitspflicht in Steuerfragen ist ein wesentlicher Teil des Amtsgeheimnisses und nicht zuletzt des Datenschutzes in der öffentlichen Verwaltung. Dennoch scheint das Vorgehen des Finanzministeriums in der gegenständlichen Causa "Eurofighterausschuss" nicht auf dem Boden des Gesetzes zu stehen, da für parlamentarische Untersuchungsausschüsse ein verfassungsrechtlich abgesicherter Anspruch besteht, alle Akten übersendet zu erhalten. Vor allem wird mit zweierlei Maß gemessen: Während im Bereich Schwarzarbeit und Ausländerbeschäftigung ein Abgehen vom Steuergeheimnis offenbar der Finanzverwaltung wenig Kopfzerbrechen bereitet, wird gewählten Parlamentariern ihr verfassungsgsetzlicher Anspruch auf Akteneinsicht verwehrt.

Während somit Bundesminister Molterer versucht sich in der Öffentlichkeit als oberster Daten- und Steuerschützer zu profilieren, ist der doch bloß ein kleiner Behinderer parlamentarischer Untersuchungsarbeit.

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