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1992/12/31 Urteil 4 Ob 114/91 des OGH (Bankgeheimnis)
Der OGH hat in einem Urteil wichtige Feststellungen zum Bankgeheimnis und zum DSG getroffen.

Der OGH hat in einem Urteil wichtige Feststellungen zum Bankgeheimnis und zum DSG getroffen.

Die Vorgeschichte

In Österreich gibt es einige wenige Bausparkassen. Der Bausparmarkt ist hart umkämpft, da Bausparen in Österreich die beliebteste Anlageform ist (4 Mio. Bausparer), allerdings bloß ein Vertrag pro Person abgeschlossen werden kann. Daher versuchen die vier Kassen möglichst eng mit den zuihrem Sektor gehörenden Banken zusammenzuarbeiten. Die ABV (Allgemeine Bausparkasse, gehört zum Volksbankensektor) ging dabei einen Schritt zu weit.

In einem Prospekt, das an alle 2600 Volksbanken-Mitarbeiter verteilt wurde, wurden diese zur raschen Identifizierung von 'Fremdbausparern' und 'Nichtbausparern' aufgefordert. Die beiden Rechenzentren der Volksbanken könnten auf Anforderung mittels spezieller Programme aus Daten der Volksbank-Kundendie Überweisungen an andere Bausparkassen herausfiltern. Diese Kunden sollten dann - möglichst schon ein Jahr vor dem Ablauf des Vertrags - gezielt angesprochen werden. Zur Feststellung von Nichtbausparern sollten die Daten der Volksbanken an die ABV übermittelt werden. Diese würde den Datenbestandabgleichen und die Listen der Nichtbausparer zurückschicken (zwischen den zwei Rechenzentren der Volksbanken und dem ABV-Rechenzentrum besteht ansonsten keine Möglichkeit der Direktabfrage).

Ein Wettbewerbsschutzverband sah darin einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis (Par. 23 Kreditwesengesetz (KWG)) und gegen das DSG, also auch unlauteren Wettbewerb (gesetzwidrige Methoden der Kundenwerbung). Seine Klage wurde vom Handelsgericht Wien abgewiesen, das OLG Wien gab der Berufung aber imwesentlichen statt. Der OGH bestätigte dann die Argumentation des OLG Wien (4 Ob 114/91 vom 25. Februar 1992).


Die wichtigsten Aussagen des Urteils:

Das Bankgeheimnis schützt jedenfalls alle Tatsachen, deren Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein berechtigtes Interesse des Kunden zu verletzen. Die Geheimhaltungspflicht ist privatrechtlicher Natur, geht aber in ihrer Zielsetzung über den Schutz der Interessen des einzelnen Bankkundenhinaus. Das Bankgeheimnis soll nämlich die Vertrauensbasis zwischen Bank und Kunden und damit das Funktionieren des Kreditapparates überhaupt gewährleisten.

Auch Tatsachen des Giroverkehrs sind Gegenstand des Bankgeheimnisses, soweit es sich nicht um die zur technischen Abwicklung von Überweisungen notwendigen Daten handelt. Der Übermittlung dieser Daten (z.B. erfährt der Empfänger des Geldes, daß der Überweisende bei der auftragerteilenden Bank einKonto hat) stimmt der Kunde konkludent (stillschweigend) zu, wenn er den Überweisungsauftrag unterschreibt.

Kern der Aussage: Es gibt nicht nur das 'externe' Bankgeheimnis, das die Weitergabe von Daten an Personen außerhalb der Bank verbietet, sondern auch ein 'internes Bankgeheimnis':
'Der Geheimhaltungsanspruch des Kunden wird nämlich schon dadurch verletzt, daß eine geheimzuhaltende Tatsache innerhalb derselben Bank an Personen bekanntgegeben wird, die zwar nach außen selbst geheimhaltungspflichtig, mit der Sache des Kunden aber in keiner Weise befaßt sind. Würde ein derartigesinternes Bankgeheimnis nicht anerkannt, dann dürfte eine bei einer Bank tätige Person, der Geheimnisse [...] anvertraut oder zugänglich geworden sind, diese Tatsachen ohne Rücksicht auf die Größe des Unternehmens jedem anderen Beschäftigten sowie allen sonst für die Bank tätigen Personenmitteilen; [...] Der Kunde darf daher auch innerhalb der Organisation der Bank eine vertrauliche Behandlung seiner Angelegenheiten erwarten [...]'.

Damit legt der OGH in Bezug auf das Bankgeheimnis einen strengeren Rahmen an als in Bezug auf das DSG. Nach dem DSG dürfen nämlich nach gängiger Auffassung Daten innerhalb eines Aufgabengebietes beliebig weitergegeben werden, erst wenn Daten an ein anderes Aufgabengebiet weitergegeben werden, liegteine Übermittlung vor.

Die systematische Überprüfung von Überweisungen zur Feststellung von Fremdbausparern und anschließende Nutzung der Daten, um Fremdbausparer gezielt anzusprechen, ist nicht nur ein 'Offenbaren' von Bankgeheimnissen, sondern auch ein 'Verwerten', da es einen finanziellen Nutzen (Provisionen)bringt.

Die Bestimmungen des KWG über das Bankgeheimnis und das DSG sind beide (kumulativ) anzuwenden. Unter Umständen darf eine Übermittlung aufgrund des Bankgeheimnisses nicht durchgeführt werden, obwohl sie nach dem DSG legal ist.

Die 'Aktion Fremdbausparer' war aber auch eine Verletzung des Datenschutzgesetzes. Nach Par. 18 Abs. 1 DSG ist die Übermittlung von Daten nur in bestimmten Fällen zulässig, die im konkreten Fall nicht vorlagen. Eine Übermittlung liegt unter anderem dann vor, wenn Daten für ein anderes Aufgabengebietverwendet werden. Die ABV stellte sich auf den Standpunkt, alle Bankgeschäfte seien ein einheitliches Aufgabengebiet, die Verwendung von Girokontendaten zur Bausparerwerbung daher keine Übermittlung. Der OGH äußerte sich dazu nur insoweit, als er feststellte, daß die Vermittlung von Bausparverträgen(anders als der Abschluß) jedenfalls nicht zu den Bankgeschäften gehört.

Zur 'Aktion Nichtbausparer' stellte der OGH klar fest: 'Es ist nicht zulässig, Kundendaten einem Dritten zum Zweck eines Datenvergleiches zu übermitteln, um herauszufinden, wer von den eigenen Kunden noch nicht Kunde des Dritten ist; darin lag aber der Zweck des Datenvergleiches.'

Die ABV brachte vor, daß der Datenabgleich ja auch händisch erfolgen könne - in jeder Filiale liegt eine Liste der Bausparer auf - und daher der EDV-Abgleich nicht rechtswidrig sein könne. Das Handelsgericht Wien war dieser Ansicht noch gefolgt, doch das OLG Wien stellte fest, daß gerade die mit derautomationsunterstützten Datenverarbeitung verbundenen zusätzlichen Möglichkeiten den Gesetzgeber veranlaßt hätten, auch solche Vorgänge zu verbieten, die ohne EDV möglich und erlaubt wären. Der OGH widersprach dem nicht.

Alles in allem handelt es sich also um ein wichtiges, richtungweisendes Urteil zum Thema Datenschutz und Bankwesen, dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist.


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