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2005/10/31 Vorsorgeuntersuchung NEU - Datenschutzbedenken erhärten sich
Widersprüchlich reagierten die Beteiligten zum Bruch des Ärztegeheimnisses bei der Vorsorgeuntersuchung NEU - Praxis der Aushöhlung des Ärztegeheimnisses schreitet offenbar seit mehreren Jahren voran - BM Rauch-Kallat fällt nur Falschmeldung ein - Unter Duldung des Gesundheitsministeriums und der Vertreter der Ärztekammer - Bruch des Ärztegeheimnisses mit §54 des Ärztegesetzes begründet

Zahlreiche Reaktionen nach unserer Aussendung

Großes Medienecho und zahlreiche Reaktionen verursachte unsere Aussendung zur Vorsorgeuntersuchung NEU (VU-NEU) (http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGED...). Daten zur Freizeitgestaltung, Alkohol- und Nikotinkonsum sollen personenbezogen an die Sozialversicherungen gemeldet werden und dort zentral gespeichert und im Rahmen des neuen Gesundheitstelematiknetzes abrufbar werden.

Auch die diesjährigen Big Brother Awards reagierten mit der Verleihung eines Preises an die Gesundheitsministerin Rauch-Kallat für Verdienste um die "Schaffung des gläsernen Patienten samt Alkoholikerdatenbank"


Zahlreiche Ärzte über Aushöhlung des Ärztegeheimnisses empört

Für uns besonders erfreulich waren die zahlreichen Reaktionen niedergelassener Ärzte, die sich nicht länger als Spitzel der Gesundheitsbürokratie missbrauchen lassen wollen.

Wobei in allen Stellungnahmen erkennbar war, dass volles Verständnis dafür bestand, dass die Sozialversicherungen die Abrechnung auf Korrektheit zu prüfen hätten. Dies könnte jedoch vergleichbar den steuerrechtlichen Betriebsprüfungen in bestimmten Abständen und stichprobenweise erfolgen.

Die laufende, und seit Jahren steigende Übermittlung von Details über Patientendaten ist dazu keinesfalls erforderlich. Dieser Zwang immer mehr Daten aufzuzeichnen ist ein unzumutbarer Eingriff in die Privatsphäre der Patienten. Gesundheitsdaten unterliegen besonderen Verwendungsbeschränkungen und dürfen nicht so ohne weiters für medizinfremde Zwecke ohne Zustimmung des Patienten verwendet werden.

Darüber hinaus führen diese ausufernden Übermittlungen einerseits zu einer Überbürokratisierung und Verteuerung des Gesundheitswesens, andererseits wird eine ganze Berufsgruppe pauschal der Tendenz zu verfälschter Leistungsabrechnung und überhöhter Honorarvorschreibung verdächtigt.


Widersprüchliche Reaktionen der verantwortlichen Stellen

Während die Frau Bundesminister in einer APA-OTS-Aussendung mit einer schlichten Falschinformation auf die BigBrother-Verleihung reagiert, antworten Sozialversicherungsträger und Ärztekammervertreter differenzierter.

Frau Bundesminister lässt ausrichten, "die persönlichen Daten der Patient/innen sind absolut vertraulich und ausschließlich dem behandelnden Arzt zugänglich."

Eine glatte Falschmeldung, zählt doch §54 Ärztegesetz eine ganze Reihe von Ausnahmen von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht auf. Unter anderem bei der Tätigkeit eines Amtsarztes oder auch gem. Abs 2 Z12 gegenüber Sozialversicherungsträgern, Krankenfürsorgeanstalten oder sonstigen Kostenträgern (darunter fallen auch Privatversicherungen), "in dem Umfang, als es für den Empfänger zur Wahrung der ihm übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bildet und [die Befunddaten, Anm.] erforderlich sind."

Eine klassische unbestimmte Formulierung, die angesichts der Sensibilität der Daten verfassungsrechtlich äußerst bedenklich ist. Wurde diese Bestimmung ursprünglich von der Politik dazu geschaffen, um die Verrechnung und Erbringung von Doppelleistungen erkennen zu können und zu unterbinden, wurde der Datenumfang von den Sozialversicherungen im Laufe der Jahre, mit tatkräftiger Unterstützung der Ärztekammer, schrittweise ausgeweitet. Immer mehr Patientendaten werden heute von den Sozialversicherungen für notwendig erklärt und von den Ärzten angefordert.


Die Reaktionen der Ärztekammern und der Sozialversicherungen

Vom Kurienobmann der Oberösterreichischen Ärztekammer liegt uns eine Stellungnahme vor, in der angegeben wird, dass die Daten der Vorsorgeuntersuchung NEU im Hauptverband zu Evaluationszwecken genutzt werden (was immer das bedeutet) und dort nur "anonymisiert gespeichert" werden.

Mit dieser "anonymisierten Speicherung" wird indirekt klargestellt, dass die personenbezogene Übermittlung nicht erforderlich ist und somit keinen gemäß Datenschutzgesetz erforderlichen Zweck verfolgt und daher unzulässig ist.

Etwas anders liest sich jedoch eine Stellungnahme des Hauptverbandes. Dieser spricht von der "Pseudonymisierung" der persönlichen Daten und dass dadurch der Datenschutz gewährleistet sei. Tatsächlich kennt das DSG 2000 nicht den Begriff der "Pseudonymisierung". Es unterscheidet nur zwischen personenbezogenen Daten, anonymen Daten und sogenannten indirekt personenbezogenen Daten. Indirekt personenbezogene Daten lägen dann vor, wenn etwa der Arzt die Vorsorgeuntersuchungen mit einer internen Nummer versieht und diese Daten dann an die Sozialversicherung schickt. Die Sozialversicherung könnte dann nicht auf den Patienten zurückschließen, der behandelnde Arzt jedoch in einem Kontrollfall sehr wohl.

Die vom Hauptverband behauptete "Pseudonymisierung" ist nichts weiter als eine in der EDV-Technik übliche spezielle Form der Speicherung persönlicher Daten, wobei der Hauptverband jederzeit feststellen kann, welche Gesundheitsdaten zu welcher Person zuzuordnen sind.


Bruch des Ärztegeheimnisses wird laufend ausgedehnt

Die im §54 Ärztegesetz verwendeten unbestimmten Formulierungen erlauben es seit Jahren, den Zugriff auf Patientendaten immer weiter auszudehnen. In Kombination mit dem neuen Gesundheitstelematikgesetz, das technisch den Zugriff auf Patientendaten erleichtern soll, entsteht somit ein Gesundheitsverbundsystem, das tatsächlich den gläsernen Patienten garantiert.

Die Interpretation, welche Daten für die Sozialversicherungen "wesentliche Voraussetzungen" bilden obliegt nicht den Sozialversicherungen, sondern muss objektiven Kriterien genügen. Nicht alles, was eine Behörde für nötig hält, ist auch tatsächlich - im Sinne des DSG 2000 - erforderlich.

Hans G. Zeger: "Es ist mehr als zweifelhaft, dass die derzeitige Praxis des ungehemmten Austausches von Patientendaten den Verfassungsbestimmungen des DSG 2000, der EG-Richtlinie Datenschutz und selbst den schwammigen Formulierungen des Ärztegesetzes entspricht."

Beschwerden von Datenweitergaben von Ärzten an Sozialversicherungen, sei es im Zuge der Vorsorgeuntersuchung NEU oder im Zuge der regulären Behandlung dürften sowohl vor der Datenschutzkommission, als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof höchste Erfolgschancen haben.

mehr --> Vorsorgeuntersuchung Neu - der Arzt wird zum Spitzel gemacht
andere --> http://www.bmgf.gv.at/cms/site/news_einzel.htm?channel=CH0089&doc=CMS1130417838501

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