2014/06/18 Justizminister Brandstetter: Vorratsdaten nicht zur Terrorbekämpfung verwendet Charlotte Schönherr
Justizminister Brandstetter legt Vorratsdatenbericht 2013 vor - Vorratsdaten wenig hilfreich für Aufklärung von Strafdaten - Kein einziger Fall von Terrorismusverdacht - Nationalrat verabsäumt zu handeln - Verfassungsgerichtshof setzt Prüfung der Vorratsdatengesetze fort
Brandstetter legt Vorratsdatenbericht 2013 vor
In Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (1292/J-NR/2014) berichtet Justizminister Brandstetter über 354 Anordnungen einer Auskunft über Vorratsdaten im Kalenderjahr 2013.
Die den Anordnungen zugrunde liegenden Tatbestände reichen von Diebstahlsdelinquenz (113 Fälle) über Suchtgiftdelinquenz (59 Fälle), Raub (52 Fälle), beharrliche Verfolgung (43 Fälle), Betrugsdelinquenz (38 Fälle) bis zu gefährliche Drohung (16 Fälle).
In der Mehrzahl der abgeschlossenen Fälle hatten die Vorratsdaten keinen Beitrag zur Aufklärung der Straftat geleistet. In KEINEM EINZIGEN Fall war Terrorismusverdacht der Grund der Abfrage.
Minister Brandstetter zeigt sich uneinsichtig: "Im Vergleich zur Vorperiode konnte der Anteil jener Maßnahmen, in dem ein Beitrag zur Aufklärung der Straftat gleistet wurde, deutlich gesteigert werden." Er sieht die Erfassung von statistischem Datenmaterial gerade im Bereich der Vorratsdaten "besonders gut verwirklicht".
Folgt man der Logik des Justizministers so wären Abfragen von Vorratsdaten auch in Zukunft sinnvoll. Die Vorratsdaten-Bestimmungen im Telekommunikationsgesetz (TKG 2003), in der Strafprozessordnung (StPO) und dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) sind auch nach Aufhebung der EU-Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch in Kraft.
Nationalrat verabsäumt Bestimmungen außer Kraft zu setzen.
Die Abgeordneten des Nationalrats hätten die Vorratsdaten-Bestimmungen im TKG 2003, der StPO und dem SPG unmittelbar nach der Entscheidung des EuGH außer Kraft setzen müssen. Dies wäre ein wichtiges Zeichen gewesen, dass der Gesetzgeber Grundrechte und EuGH Entscheidungen ernst nimmt. Sattdessen wurde die Zeit mit dem Stellen und Anfragen und dem Warten auf den Verfassungsgerichtshof verplempert.
Die willkürliche Nutzung von Vorratsdaten nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) wäre nach Aufhebung der Bestimmungen nicht mehr möglich. §§ 53 Abs. 3a und 3b SPG sehen keine Einschränkungen auf bestimmte Delikte vor. Die in § 53 Abs. 3a Z 2 und Z 3 vorgesehenen Beschränkungen könnten auf Grund des sehr weiten Anwendungsbereichs, den vom EuGH geforderten Kriterien nicht entsprechen. Es wird in § 53 Abs. 3a Z 2 und Z 3 lediglich festgehalten, dass Sicherheitsbehörden berechtigt sind Auskunft über Vorratsdaten zu verlangen, wenn sie diese zur Abwehr eines gefährlichen Angriffs (§ 16 Abs. 1 Z 1) oder einer kriminelle Verbindung (§ 16 Abs. 1 Z 2) benötigen. Ein gefährlicher Angriff iSd § 16 SPG ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen wird. Derzeit genügt jede x-beliebige Straftat egal wie geringfügig sie ist.
Verfassungsgerichtshof setzt Prüfung der Vorratsdatengesetze fort
Am 12. Juni 2014 gibt es beim VfGH eine öffentliche Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung. Die Entscheidung ob die österreichische Regelung zur Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig ist, sollte bis Herbst fallen. Bis dahin ist das Gesetz jedoch uneingeschränkt in Kraft und die Sicherheitsbehörden dürfen weiter Vorratsdaten nutzen.
Der Bericht des Justizministers bestätigt, dass alle Österreicherinnen und Österreicher jeden Tag den die Vorratsdatenspeicherung weiter besteht, mit ihren Grundrechten bezahlen.
mehr --> EuGH kippt Vorratsdatenspeicherung - Österreich hat Anpassungs... mehr --> EuGH-Urteil C-293/12 und C-594/12 Aufhebung der Vorratsdatenspeicherrichtlinie mehr --> Zusammenstellung - alle Informationen zur Vorratsdatenspeicherung mehr --> parlamentarische Anfrage BMJ1292/J-NR/2014 andere --> RIS: Strafprozeßordnung 1975 (StPO)
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