2011/09/13 Volkszählung 2011 als Generalinventur Hans G. Zeger
Registerzählung 2011 vulgo Volkszählung erlaubt eine Generalinventur Österreichs - mit einem komplexen Prüf- und Kontrollsystem sollen Ungereimtheiten in der Lebensführung der BürgerInnen aufgedeckt werden - die Durchführung erfordert das Zusammenspiel zahlreicher Behörden - Volkszählung 2011 ist Endpunkt eines jahrelangen Aufbaus und Abgleichs zahlloser Personenregister - alle Lebensäußerungen der Menschen (Wohnen, familäre Beziehungen, Arbeit, Bildung und Ausbildung, soziale Sicherheit) werden heute in Registern abgebildet - den Versuch einer derartig umfassenden Bevölkerungsinventur gab es zuletzt 1939 im Nationalsozialismus - zwischen der Registerzählung 2011 und der NS-Zählungen 1933 und 1939 bestehen zahlreiche strukturelle Ähnlichkeiten
WIE FUNKTIONIERT DIE VOLKSZÄHLUNG 2011?
Was in der Öffentlichkeit gemeinhin als "Volkszählung" angesprochen wird zerfällt genau genommen in drei Zählungen, die Zählung der Bevölkerungsstände, die Arbeitsstätten- und die Wohnungs- bzw. Häuserzählung. Diese werden jedoch immer gemeinsam abgehalten und daher auch gemeinsam als "Volkszählung" wahrgenommen. Dies kommt auch in der gesetzlichen Grundlage zum Ausdruck "Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden" StF: BGBl. I Nr. 33/2006. Dieses wird in der Kurzfassung als "Registerzählungsgesetz" bezeichnet.
Der Begriff "Registerzählung" ist in der Öffentlichkeit wenig verbreitet, es wird daher meist das Synonym "Volkszählung" verwendet. In diesem Sinn sind auch die nachfolgenden Ausführungen zu verstehen. Genausowenig wären die Vorgänge der Registerzählung verständlich, wenn nicht auch die Vorarbeiten, der Aufbau der zur Auswertung herangezogenen Register einer kritischen Würdigung unterzogen werden.
Im Gegensatz zu den bisherigen Volkszählungen müssen österreichischs Bürger 2011 keine Fragebögen ausfüllen, sondern es werden vorhandene Register ausgewertet.
Die Anlage des Registerzählungsgesetzes zählt taxtiv die zu einer Person auszuwertenden Merkmale auf und nennt die Quellen aus welchen diese Merkmale stammen. Unter anderem sind es Angaben zu Alter, Wohnadresse, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Staat des Geburtsortes, Stellung in der Familie, Zahl der Kinder, abgeschlossener Ausbildung, Beruf, Art der Erwerbstätigkeit, Umfang der Beschäftigung, Ausbildungsart, Angaben zu Präsenz- oder Zivildienst, Arbeitsstätte, Steuernummer und Dienstgebernummer.
§ 4 des Registerzählungsgesetzes listet die auszuwertenden Register auf und legt in Abs. 2 fest, dass zu einer Person auch die Verknüpfungsdaten zu Verwandten und Partnern eines Betroffenen festzustellen sind. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, Auswertungen nicht nur zur Person, sondern zu Lebensgemeinschaften und Haushalten zu machen. Zu diesem Zweck wurde auch das Melderegister, das bis 2006 bloß Aussagen zu einer einzelnen Person erlaubte, im Zuge des Registerzählungsgesetzes um die Angaben zum Familienstand erweitert.
Herangezogen werden im wesentlichen folgende Register:
- die zentrale Meldeevidenz (ZMR)
- die Versichertenregister der österreichischen Sozialversicherungsträger
- die Register der Krankenfürsorgeanstalten der Länder und Gemeinden
- das Bildungsstandsregister
- das Steuerregister der Abgabenbehörden des Bundes
- das Register des Arbeitsmarktservice Österreich
- das Unternehmensregister
- das Wohnungsregister
Alle diese Register werden personenbezogen geführt und sollen personenbezogen nach dem Registerzählungsgesetz verwertet werden. Zumindest der Abgleich der Register, die Kontrolle und die Qualitätssicherung erfolgen personenbezogen.
§ 5 des Registerzählungsgesetzes listet jene Register und Vergleichsdaten auf, die zur Plausibilitätsprüfung und Qualitätssicherung der Originalregisterdaten heranzuziehen sind, es sind dies unter anderem:
- zentrale KFZ-Zulassungsevidenz
- Familienbeihilfenregister
- zentrales Fremdenregister
- Asylwerberinformationssystem
- Register der Sozialhilfeempfänger der Länder
- Dienstgeberregister des Bundes und der Länder
Grundsätzlich lassen sich aus Registern Daten zu statistischen Zwecken auf zwei Methoden gewinnen:
a) statistische Auswertung eines einzelnen bestehenden Registers, etwa des ZMR oder
b) Zusammenführen verschiedenster Register zu einem neuen "Metaregister" (den sogenannten Basisdaten gem. § 2 Z 6 Registerzählungsgesetz) und die daran anschließende Auswertung
Bei Methode a) könnte aus dem ZMR problemlos "errechnet" werden, wieviele Männer und Frauen sich in Österreich aufhalten, ebenso in welchen Gemeinden oder Bezirken, mit welchem Alter (Jahrgang), die Verteilung des Familienstandes oder die Verteilung der Staatsangehörigkeit könnte ausgewertet werden. Weitere Auswertungen, etwa bezüglich Geburtsort sind ebenfalls möglich. Auch Kombinationen der Merkmale sind möglich, man spricht dann von Datenzellen mit bestimmten Ausprägungen.
Bei Auswertung allein der fünf Merkmale [1] Geschlecht (2 unterschiedliche Ausprägungen), [2] Familienstand (4 Ausprägungen), [3] Geburtsjahrgang (110 Ausprägungen), [4] Gemeinden bzw. in Wien Bezirken (ca. 2.300 Ausprägungen) und [5] Staatsangeörigkeit (ca. 150 Ausprägungen) entstehen durch Kombination etwa 300 Millionen unterschiedlichen Datenzellen, von denen die meisten nicht gefüllt sind (etwa bei den meisten kleineren Gemeinden wird es bloß Gemeldete mit wenigen unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten geben.
Dieselbe Methode ließe sich auch bei beim Bildungsstandsregister oder beim Steuerreigster anwenden. In allen Fällen könnten die regionalen und geschlechtsspezifischen Verteilungen des letzten Bildungsabschlusses, des Erwerbsstatus, des Berufes usw. ermittelt werden.
Ergebnis in allen Auswertungen wären anonymisierte Daten, für die es keine Möglichkeit einer Rückführung auf eine bestimmte Person, aber auch keine Möglichkeit der Verknüpfung mit anderern Registern gäbe, auch nicht zu Prüf- und Kontrollzwecken ("Qualitätssicherung"), wie sie § 5 des Registerzählungsgesetzes vorsieht.
Das Ergebnis der Auswertungen nach Methode a) würde den Vorgaben der Europäischen Union (Verordnung 2223/1996 in der Fassung der Verordnung 1889/2002 ABl. L 286 vom 24.10.2002, S.11, CELEX 32002R1889) völlig entsprechen, die ereichbare Qualität wäre genauso hoch wie die Qualität der ursprünglichen Datenbestände.
Diese Auswertungen könnten die Inhaber der Register selbst durchführen (und führen sie für ihre eigenen Zwecke längst durch). Die Bundesanstalt würde bloß anonymisierte Daten zur weiteren Aufbereitung erhalten, ohne Möglichkeit der personenbezogenen Verknüpfung oder der Kontrolle. Eine derartige Vorgangsweise wäre datenschutzrechtlich unbedenklich, da sie gegenüber den bestehenden Registern keine Zusatzinformation liefert und das Ergebnis so wirksam anonymisiert ist, dass niemand diese Daten bestimmten Personen zuordnen kann.
Nicht auswertbar wären jedoch Fragestellungen, die sich auf persönliche Merkmale mehrerer Register beziehen, etwa welche Beruf Personen mit welchem Bildungsabschluss nachgehen, welche Familienstände welchen Erwerbsstatus haben oder welchen Erwerbsstatus Angehörige welcher Nationalität haben usw usf.
Der Gesetzgeber hat sich im Registerzählungsgesetz für die Methode b) entschieden und führt unterschiedlichste Register zusammen. Diese Vorgangsweise erlaubt die erwähnten zahllosen Zusatzauswertungen und ermöglicht, allein durch die zusätzlichen Kombinationsmöglichkeiten, einen vertieften Blick in die Lebensführung von Menschen. Zieht man die etwa 20-30 Merkmale des Registerzählungsgesetzes und deren mögliche Ausprägungen heran, erhält man etwa 9.000 Billiarden unterschiedliche Datenzellen (9.000.000.000.000.000.000). Auch hier gilt das zuerst gesagte, die Mehrzahl wird zwar leer sein, es ist aber augenscheinlich, dass in diesem Fall im Durchschnitt je Datenzelle weniger Personen enthalten sind. Auch bei einer Anonymisierung der Daten würde durch die Vielzahl der Ausprägungen eine nachträgliche Identifikation einer Person auf Grund von Teilwissen wesentlich erleichtert.
Beispiel: Die Datenzelle mit den Ausprägungen männlich, ledig, 25-jährig, Mödling, Albaner, arbeitslos, Hauptschulabschluss, Tischler ergibt einen Treffer und die übergeordnete Datenzelle männlich, 25-jährig, Mödling, Albaner ergibt ebenfalls nur einen Treffer und diese Person ist persönlich bekannt, dann können dieser Person - ohne personenbezogene Erhebungen, allein durch Auswertung der Basisdaten iS des Registerzählungsgesetzes - folgende zusätzliche Eigenschaften zugeordnet werden: ledig, arbeitslos, Hauptschulabschluss, Tischler.
Eine derartige Auswertung wird zwar nicht in allen Fällen möglich sein und die gewonnenen Zusatzinformationen werden unterschiedlich umfangreich sein, sie sind jedoch auf Grund der extrem großen Zahl an unterschiedlichen Datenzellen sehr wahrscheinlich.
Allein durch das Zusammenführen mehrere Register entsteht eine neue Datenqualität, die einen wesentlich intensiveren Einblick in die private Lebensführung erlaubt.
Um jedoch voneinander getrennte Register sinnvoll zusammen führen zu können, ist die eindeutige Identifikation der betroffenen Person erforderlich. Es muss sicher gestellt werden, dass der männliche, 25-jährige, mödlinger Albaner in der Zentralen Meldeevidenz als ledig gemeldet, dieselbe Person ist, wie der männliche, 25-jährige, mödlinger Albaner, der in der Evidenz des Arbeitsmarkservice arbeitslos gemeldet ist oder in der Evidenz des Bildungsstandsregisters mit Hauptschulabschluss eingetragen ist.
Zur Herstellung dieser Identität sind mehrere Methoden möglich:
a) die klassische Identitätsfeststellung auf Grund des amtlich dokumentierten Vornamens, Nachnamens, Geburtsorts und Geburtsdatums (klassische Identitätsdaten). Die Identifikation erfolgt meist durch Vorlage eines amtlichen Personaldokuments.
oder
b) durch Verwendung eines einheitlichen Bürgerkennzeichens, wie es die Sozialversicherungsnummer sein könnte (Identifikation erfolgt durch speziellen Bürgerausweis)
oder
c) technische Identitätsfeststellung durch Ableitung eines eindeutig einem Bürger zugeordneten Kennzeichens aus vorhandenen Registerdaten.
Die Methode a) führt in einer offenen und einem starken Wandel unterworfenen Gesellschaft rasch zu Datenfehlern und kann daher bei flächendeckenden Systemen nicht verwendet werden. Aus verschiedensten Gründen (zeitliche Änderung, amtliche Änderungen, Schreibfehler oder auch Irrtümer) können dieselben Menschen in unterschiedlichen Registern mit unterschiedlichen Stammdaten aufscheinen. Dies kann der Fall sein, dass nach einer Heirat eine Namensänderung nicht bekannt gegeben wurde oder fehlerhaft eingetragen wurde, auch Korrekturen des Geburtsdatums sind bei Personen aus Ländern ohne korrektem Personenstandswesen vorstellbar usw. Alle Einzelregister verwenden daher eigene Personenkennzeichen zur Identifikation der Bürger, auch dann wenn sich Teile der klassischen Identitätsangaben ändern.
Die Methode b) wird in Österreich derzeit nicht verwendet, es gibt, zumindest im Verkehr zwischen Bürgern und Behörden kein eindeutiges und gleichbleibendes Bürgerkennzeichen.
Österreich hat sich auf Basis des E-Government-Gesetzes StF: BGBL I Nr. 10/2004) für Methode c) entschieden, die technisch sehr aufwändig und für Nicht-Experten intransparent ist.
Auf Basis der Daten des ZMR, die mittels einer ZMR-Zahl (je Person) verwaltet werden, wird eine Bürger-Stammzahl generiert. Aus dieser Stammzahl können beliebig viele weitere sogenannte bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK's) für verschiedene Behördentätigkeiten abgeleitet werden, unter anderem auch ein bPK-AS, das zur Identifikation der Bürger für Zwecke der amtlichen Statistik, unter anderem auch der Registerzählung, dient.
Jeder Bürger verfügt daher über eine ZMR-Zahl, eine Stammzahl und mehrere bPKs, zumindest jedoch ein bPK-AS. Verwaltet wird die Stammzahl von der sogenannten Stammzahlenregisterbehörde. Es gibt zwar keine Evidenz, in der die bPKs als Liste oder Register bestimmten Personendaten (Name, Adresse, Geburtsdatum, ...) zugeordnet werden, aber die Stammzahlenregisterbehörde verfügt über Techniken (Algorithmen) um bei Bedarf feststellen zu können, welcher Person ein bestimmtes bPK (etwa das bPK-AS) zugeordnet wurde und in letzter Konsequenz kann auch der gemeldete aktuelle und alle historischen Aufenthalte einer Person festgestellt werden.
Behörden, die verschiedene bPKs derselben Person verwenden, können ohne Zusatzerhebung nicht erkennen, ob es sich um dieselbe Person handelt, sehr wohl kann dies jedoch durch Auswertung der Daten über die Stammzahlenregisterbehörde erfolgen.
Das System funktioniert nur dann, wenn den identen Personen, die in den unterschiedlichen Registern verwaltet werden, auch tatsächlich der idente Datensatz im ZMR (ZMR-Zahl) und in weiterer Folge dieselbe Stammzahl zugeordnet wird und das bPK korrekt abgeleitet wurde. Wesentlicher Teil des Registerzählungsgesetzes ist der Auftrag an die Inhaber der Register, die Datensätze gemeinsam mit dem bPK-AS an die Bundesanstalt zu übermitteln (§ 6 Abs. 2), gleichzeitig muss die Bundesanstalt alle Datensätze gemeinsam mit dem bPK-AS aufbewahren, abgleichen, prüfen und auswerten. Zusätzlich muss zu jedem Datensatz auch das bPK der jeweiligen liefernden Behörde von der Bundesanstalt aufbewahrt werden.
Jeder im Zuge der Registerzählung verwendete Datensatz bleibt zumindest doppelt identifizierbar und einer Person zuordenbar, mittels bPK-AS aus der Sicht der Bundesanstalt und mittels dem weiteren bPK aus der Sicht des Inhabers des Registers.
Die Verwendung der verschiedenen Kennzeichen, der Stammzahl und der bPKs, inklusive deren fallweiser Verschlüsselung ist am einfachsten mit der Verwendung von Umschlägen zu vergleichen, die es einem Boten unmöglich machen sollen den Inhalt zu identifizieren und dem Bürger Anonymität suggerieren, die aber bei Bedarf jederzeit geöffnet werden können und eine Identifikation erlauben.
Durch das Zusammenführen der Register entsteht die Notwendigkeit zusätzliche Prüf- und Kontrollmaßnahmen einzuführen, da unterschiedliche Angaben zu Wohnort, Familienname, Nationalität oder Geburtsdatum zu Fehlern in der ZMR-Zuordnung und damit bei der Ableitung von Stammzahl und bPK führen können.
Es ist klassische Aufgabe einer Inventur nicht bloß einen bestehenden Bestand zu zählen, sondern verschiedene Register (Listen) abzugleichen (Soll-Ist-Vergleich) und dabei Lücken und Fehlbestände zu erkennen.
Genau diese Aufgabe erfüllt die Registerzählung, in der unter anderem in § 5 Abs. 2 bis 6 ausdrückllich der Auftrag an die Bundesanstalt die Plausibilität der verschiedenen Registerdaten zu prüfen (Abs. 2), vermutete Fehler an die Inhaber der Register zurückzumelden und deren Korrektur zu fordern (Abs. 3,4), Personen direkt zu befragen (Abs. 5) und in letzter Konsequenz Personen aus den Registern zu streichen und dies den verantwortlichen Gemeinden mitzuteilen (Abs. 6).
Wesentliches Element der Registerzählung 2011 sind die seit 2001 laufenden Vor- und Abgleicharbeiten, deren Erfahrungen einerseits in das Registerzählungsgesetz 2006 eingeflossen sind, andererseits durch die Probezählung 2006 auch zu umfangreichen Korrekturen in den Einzelregistern führten. Z.B. kam es zu umfangreichen Abgleicharbeiten bei den Adressschreibweisen, sodass alle Einzelregister die Adressdaten der Adressregister verwenden und auf diese Weise ein Gleichschaltung der Daten ermöglichen. Eine kritische Würdigung der Volkszählung ohne Berücksichtigung dieser langjährigen, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenen Vorarbeiten ist nicht sinnvoll.
Aus der Gesamtkonzeption wird deutlich, dass die Ergebnisse der Registerzählung, insbesondere die der sogenannten "Probezählung" direkt in die Korrektur der vorhandenen Register einfließen. Ausdrücklich festzustellen ist dabei, dass nicht die Bundesanstalt direkt die Korrekturen durchführt, sondern bloß Fehler bzw. "verdächtige" (unplausible) Ergebnisse an die Inhaber der Register zurückmeldet, diese haben die Korrekturen durchzuführen, um dann wieder die neuen Ergebnisse bereit zu stellen usw. usf. Ein typischer Ablauf, wie er bei Inventuren üblich ist.
Um diese Aufgaben erfüllen zu können, muss in jedem Fall der Bezug zu einer bstimmten Person gesichert bleiben, entweder von der Bundesanstalt selbst oder vom Inhaber des Registers, dies erfüllt das bPK-System. Alle Basisdaten bleiben für die Dauer der gesamten Zählung identifizierbar, auch wenn nicht in jedem Arbeitsschritt eine Identifikation erfolgt.
Zur Umsetzung einzelner Verarbeitungsschritte, etwa der Qualitätssicherung (§ 5 Registerzählungsgesetz) oder der Auswertungen (§§ 7,8) ist es weder sinnvoll, noch erforderlich, die klassichen Identifikationsdaten der Personen zu kennen. Es ist ausreichend, dass bei den Datensätzen die bPK's zwecks späterer Auswertungsmöglichkeit (dazu gehört technisch gesehen auch die Identifikation der Person) gemäß § 6 Abs. 2 erhalten bleiben muss.
WARUM IST DIE VOLKSZÄHLUNG 2011 PERSONENBEZOGEN?
Als personenbezogen sind alle Datenbestände (Register, Listen, Datensätze) anzusehen, bei denen eine Zuordnung zu einer bestimmten Person möglich ist. Es ist nicht Voraussetzung für einen Personenbezug, dass diese Zuordnung bei jedem Verwendungsschritt der Daten erfolgt, es ist auch nicht Voraussetzung, dass diese Zuordnung ein Datenverarbeiter selbst macht oder machen kann und es ist auch nicht Voraussetzung, dass diese Zuordnung für jeden Datensatz möglich ist.
Art. 2 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG des "Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr" verwendet eine sehr allgemeine und abstrakte Definition des Personenbezugs:
"a) 'personenbezogene Daten' alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person ('betroffene Person'); als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind;"
Diese Definition wird - wenn auch in verkürzter Form - vom DSG 2000 § 4 Z 1 übernommen: "Angaben über Betroffene (Z 3), deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist;". Österreich hat zusätzlich auch Daten von juristischen Personen und sonstigen Personengemeinschaften als personenbezogen im Sinn des DSG 2000 erklärt, somit fallen auch Unternehmensangaben oder Angaben zu Häusern und Wohnungen unter den Begriff der personenbezogenen Daten.
Analysiert man die Registerzählung/Volkszählung 2011, dann darf man nicht bloß einzelne Verarbeitungsschritte, wie sie bei der Bundesanstalt durchgeführt werden, heranziehen, sondern muss den Gesamtkomplex ansehen (inklusive der Vorarbeiten zur Registerzählung, der Probezählung und der in diesem Gesamtkomplex enthaltenen technischen Möglichkeiten zur Identifikation von Personen).
Das System der Stammzahlen und der bPK's, wie es in der Registerzählung verwendet wird, ist genau darauf angelegt, zwar bei vielen Verarbeitungsschritten keine Personenidentifikation vorzunehmen, aber in Summe und auch auf Dauer sicher zu stellen, dass bei Bedarf (u.a. im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung) die Identifizierbarkeit der betroffenen Person möglich ist.
Es ist völlig eindeutig, dass die Registerzählung eine personenbezogene Datenanwendung im Sinne der EG-Richtlinie 95/46/EG und des DSG 2000 darstellt, wenngleich nicht alle verpflichteten Stellen/Behörden zu jedem Zeitpunkt alle Personen identifizieren können.
WARUM IST DIE VOLKSZÄHLUNG 2011 EINE GENERALINVENTUR?
Charakteristik von Zählungen ist, dass am Ende des Zählergebnisses keine Möglichkeit besteht auf einzelne Datenelemente zurückzugreifen oder eine nachträgliche Qualitätssicherung zu machen.
Klassische Beispiele für Zählungen sind etwa Anwesenheitszählungen in einer Schulklasse oder auf dem Appellplatz. Auch statistische Auswertungen von Registern fallen darunter. Manche Staaten führen auf diese Weise Volkszählungen durch, in dem sie zu einem bestimmten Zeitpunkt verlangen, dass sich die Bevölkerung in ihrer Wohnung, vor ihrem Haus oder in ihrem Geburtsort aufhält und Zähler durch die Straßen gehen und tatsächlich bloß die Personen zählen.
Diese Art der Zählung verlässt sich sowohl auf die Genauigkeit der Gezählten, dass sie sich etwa am Appellplatz nicht zweimal melden und auf die Genauigkeit der Zähler, dass sie niemanden übersehen oder doppelt zählen.
Für große Organisationen ist diese Vorgangsweise nicht handhabbar, sie verwenden meist Hilfslisten, Fragebögen, die über einen längeren Zeitraum ausgefüllt werden, am Stichtag eingesammelt und dann wieder über einen längeren Zeitraum ausgewertet werden. Diese Methode, die Fragebogenzählung, entspricht der österreichischen Volkszählung bis 2001. Sie hat sowohl Inventur-, als auch Zählaspekte. Eine lückenlose Erfassung ist damit nicht garantiert, auch können Dritte Fragebögen für andere ausfüllen. Der Inventurcharakter ergibt sich jedoch aus der Möglichkeit, diese Daten über einen längeren Zeitraum auf Plausibilität zu prüfen, zu analysieren und zu korrigieren.
Eine Generalinventur, also eine lückenlose Erfassung aller betroffenen Personen, aller ihrer Lebensäußerungen und die Möglichkeit die Angaben der Personen ausführlich auf Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen, wäre durch eine Fragebogenzählung mit anschließender umfassender Qualitätskontrolle möglich, wäre jedoch extrem personal- und kostenintensiv, wie die Beispiele der deutschen Zählungen 1933 und 1939 (siehe unten) zeigen. Diese Qualitätskontrolle könnte durch Erhebungen bei den Bürgern, in deren Milieu und Nachbarschaft oder durch Prüfung verschiedenster Register erfolgen.
Erhebungen bei den Bürgern würden heute wohl einerseits auf großen Widerstand stoßen, andererseits auch zu unzumutbaren Kosten führen. In der Geschichte gab es wenige Fälle, in denen das tatsächlich erfolgte.
Der Erfolg im Abgleich mit bestehenden Registern hängt stark von Umfang und Qualität der Register ab, ist aber ebenfalls noch sehr aufwändig. In einer staatlichen Verwaltung, in der alle wesentlichen Lebensäußerungen der Menschen (Wohnen, Bildung, Arbeit, soziale Versorgung) längst in diversen Registern abgebildet sind, wäre eine Fragebogenerhebung daher bloß Ressourcenverschwendung. Sie könnte keine neuen Informationen zu Tage bringen, die nicht sowieso schon in den Registern enthalten sind.
Die Österreichische Registerzählung ist daher als Endpunkt einer Entwicklung anzusehen, in der die wichtigsten Lebensäußerungen der Menschen lückenlos in diversen Registern, allen voran im Zentralen Melderegister (ZMR) abgebildet wurden. Um eine Generalinventur durchzuführen ist daher eine Fragebogenzählung in Staaten mit umfassenden Registern überflüssig, hier ist eine Registerzählung wesentlich effizienter.
WELCHE PARALLELEN GIBT ES ZU DEN DEUTSCHEN ZÄHLUNGEN 1933 UND 1939?
Um die Parallelen der österreichischen Registerzählung 2011 zu den deutschen Volkszählungen 1933 und 1939, die gemeinhin als NS-Volkszählungen bezeichnet werden, verstehen zu können, muss man sich die besondere Natur der Registerzählung 2011 vor Augen halten.
Ihr Anspruch ist nicht in einer Momentaufnahme die Bevölkerungsstruktur Österreichs zu erheben, sondern ein System von Datensätzen zu schaffen, das vollständig alle relevanten Lebensfunktionen der Bürger (Wohnen, Familienstand, Arbeit, Bildung, soziale Sicherheit) abbildet, geprüfte, also validierte Daten enthält und jederzeit - quasi auf Knopfdruck - ausgewertet werden kann. Ausdrücklich hat sich der Gesetzgeber neben den zehnjährigen Zählungen auch Zwischenzählungen vorbehalten.
Um dieses Ziel zu erreichen wurde ein komplexer Prüf- und Kontrollmechanismus geschaffen, der die Qualität der Daten sichern soll. Um dieses Ziel über einen längeren Zeitraum und nicht bloß in einer Momentaufnahme zu gewährleisten, wurden die Datensätze mit Kennzeichen so markiert, dass sie einerseits jederzeit verknüpfbar sind und andererseits - bei berechtigten Zwecken - auf Personen zurückzuführen sind.
Damit ergeben sich folgende Merkmale der Generalinventur:
(a) Vollständigkeit
(b) Möglichkeit der Kontrolle auf individueller Datensatzebene
(c) auf Dauer angelegte, laufend korrigierte Datenbestände
(d) jederzeitige Auswertbarkeit
(e) jederzeitige Identifizierbarkeit von Personen (sofern erforderlich) inkl. dem Versuch diesen Personenbezug zu verschleiern
(a) und (b) waren bei den bisherigen Volkszählungen (bis 2001) nur bedingt gegeben, insbesondere konnten nur Plausibilitätskontrollen durchgeführt werden, (c) und (d) waren bisher nicht gegeben, es gab keine Möglichkeit Volkszählungsdaten nach dem jeweiligen Erhebungsstichtag systematisch zu aktualisieren, (e) war zwar gegeben, aber mit hohem Aufwand verbunden.
Analysiert man die deutschen Volkszählungen 1933 und 1939 und ihre Vorbreitungen dazu, ergeben sich erstaunliche Parallelen in diesen fünf Eigenschaften .
Um den Ablauf der Volkszählung zu verstehen, müssen besonders die Vorbereitungshandlungen beachtet werden. 1938 wurde in Deutschland landesweit erstmals eine flächendeckende Reichsmeldeordnung geschaffen, die dem österreichischen zentralen Melderegister vergleichbar, die An- und Abmeldung der Bürger inklusive der gegenseitigen Benachrichtigung der Meldeämter organisierte. Weiters wurden die Meldestellen pauschal ermächtigt Informationen über die Bürger anderen Behörden für deren gesetzliche Aufgaben zur Verfügung zu stellen .
An die An- und Abmeldungen knüpften sich zahlreiche Benachrichtungsvorgänge, die das Einwohnermeldamt erledigt und die offensichtlich zur Qualitätssicherung der Daten verwendet wurden: "Die Anlegung einer Personenregisterkarte in dem Personenregister der Meldebehörde, die Aufnahme in das Hausregister, die Absonderung der Rückmeldung mit der Anfrage nach etwaigen Vorstrafen, die Mitteilung an die Kraftfahrzeugzulassungsstelle bei Wohnungsveränderungen von Kraftfahrzeugbesitzern, an die Staatspolizeistelle bei Zuzug von Ausländern und Rückwanderern, und die Benachrichtigung der Verwendungskartei für den Luftschutz vom Zu- oder Fortzug von Luftschutzangehörigen. Weiterhin knüpft sich daran die Mitteilung des Zuzugs oder Wegzugs an das Finanzamt, die Gemeindeverwaltung, die Partei, bei Wehrpflichtigen an die Wehrersatzdienststellen und das Statistische Reichsamt [sic!]."
Das Melderegister wurde als Art Drehscheibe zur Qualitätssicherung anderer Register organisiert, eine Funktion, der das ZMR heute durch die Vergabehoheit der Stammzahl und die Verpflichtung aller anderer Behörden daraus bPKs abzuleiten, gleichkommt.
Wesentlicher Unterschied ist, dass der Abgleich früher manuell über Zettel und Papierlisten erfolgte, statt wie heute elektronisch, die Konzeption blieb aber gleich.
In weiterer Folge wurde im November 1938 die Volkskartei eingeführt. In der Volkskartei wurden unter anderem Informationen zum Beruf, zur Schul- und Hochschulbildung, zu den Sprachkenntnissen und Erwerbsbeschränkungen angeführt. Davor war schon 1935 verpflichtend das Arbeitsbuch eingeführt worden, 1925 die Haushaltungslisten.
Gegenüber den heutigen Registern weist auch die Volkskartei Unterschiede im Detail auf. Zum einen ist sie manuell organisiert und nicht elektronisch, zum anderen ist sie als eine einzige Zentraldatei organisiert und nicht wie heute in mehreren Registern, die über ein gemeinsames Kennzeichen, dem bPK-AS zusammen geführt werden können. Hervorzuheben ist auch, dass nicht alle Ansprüche und Ziele der Volkskartei umgesetzt werden konnten, da das System zur Zeit des "totalen Krieges" zu schwerfällig und letztlich nicht administrierbar wurde .
Die Volkszählung im Juni 1933 wurde auf Basis der Haushaltungslisten unter enormem Aufwand (etwa 500.000 Zähler) durchgeführt und vom Leiter des Statistischen Reichsamtes, Direktor Burgdörfer so kommentiert: "dass die Regierung der nationalen Erhebung im Wege der durch das Ermächtigungsgesetz ermöglichten vereinfachten Form der Gesetzgebung die bisherigen Hemmungen und Widerstände einzelner Länder überwunden und die Durchführung einer neuen Inventur des deutschen Volkes und der deutschen Volkswirtschaft durch Reichsgesetz vom 12. April 1933 angeordnet hat."
Zur Volkszählung im Mai 1939, die vergleichbar der Registerzählung eine Mehrfachzählung war ("Volks-, Berufs- und Betriebszählung") führen Aly/Roth aus: "Die Volkszählung von 1939 wuchs sich zur 'Eröffnungsbilanz des großdeutschen Reiches' aus. Polizei und Gendarmerie 'hatten die Zählung nach Kräften zu unterstützen' und 'in schwierigen, unübersichtlichen Wohngegenden als Zähler mitzuwirken'. 'Um etwaiges Misstrauen in der Bevölkerung zu bekämpfen, (war) mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass jedes Eindringen in die Vermögens- und Einkommensverhältnisse ausgeschlossen ist' und die Zähler 'gegen jedermann zur Verschwiegenheit verpflichtet' seien. Man bot diesmal 750.000 Zähler auf, in den Monaten davor hatten Tausende von Schulungskursen für Zähler stattgefunden. Je nachdem wie 'schwierig' ein Zählbezirk war, war fünf bis acht Zähölern je ein Oberzähler zugeteilt. Die Ergebnisse der Volkszählung dienten zunächst dazu, die Melderegister auf den neuesten Stand zu bringen."
Im Zuge der Volkszählung 1939 war auch eine Ergänzungskarte mit Angaben zur Abstammung auszufüllen: "Die Ergänzungskarte sollte in einem eigens beigelegten verschlossenen Umschlag abgegeben werden. Dieser Umschlag hatte zusammen mit der amtlich beteuerten Verschwiegenheit der Zähler den Zweck, die potentiellen Opfer in Gutgläubigkeit zu wiegen, um durch die scheinbare Anonymität 'unbedingt zuverlässige Angaben zu erleichtern und sicherzustellen'. Andererseits standen 'natürlich auf falsche Angaben oder Verweigerung der Angaben erhebliche Strafen'."
Auch hier sind Unterschiede zwischen der 1939er-Volkszählung und der Registerzählung im Detail deutlich. Daten zur Abstammmung werden in der Registerzählung keine erhoben, jedoch sehr wohl Angaben zum Staat des Geburtsortes. Auffällig sind jedoch strukturelle Gemeinsamkeiten, wie das gemeinsame Bemühen, Geheimhaltung zu suggerieren, obwohl in beiden Fällen jederzeit ein Personenbezug herstellbar ist.
Analysiert man die Merkmale einer Generalinventur in Bezug auf die deutschen Volkszählungen 1933 und 1939 ergibt sich folgendes Bild:
(a) Vollständigkeit: Die Vollständigkeit wurde versucht mit der besonders großen Zahl der Zähler, der Mitwirkung der örtlichen Polizei, örtliche Kontrolle und dem Verwenden bestehender Listen herzustellen.
(b) Möglichkeit der Kontrolle auf individueller Datensatzebene: Durch die Rückkoppelung und Korrektur der bestehenden Register, insbesondere dem Melderegister als Informationsdrehscheibe sollte eine möglichst hohe Qualität der individuellen Datensätze erreicht werden.
(c) auf Dauer angelegte Datenbestände: die Ergebnisse der Volkszählung sollten unmittelbar für das weitere staatliche Handeln dienen. Hier ergeben sich die scheinbar größten Unterschiede zur Registerzählung. Diese ist nicht als direkter Informationsrückfluss gedacht, sondern bloß als indirekter Rückfluss, durch die Möglichkeit fehlerhafte, nicht plausibele Datensätze bei den Registerinhabern zu melden und nach einer Korrektur neue Basisdaten zu erhalten. Diese geänderte Vorgangsweise ist vorrangig technisch begründet, da die elektronischen Register innerhalb kürzester Zeit beliebig oft neu ausgewertet werden können.
(d) jederzeitige Auswertbarkeit: Durch den Übergang der Zähldaten der deutschen Volkszählungen in die Register sollten neue Auswertungen erleichtert werden, ansonsten gelten die Einschränkungen wie bei (c).
(e) jederzeitige Identifizierbarkeit von Personen (sofern erforderlich) inkl. dem Versuch diesen Personenbezug zu verschleiern: die deutschen Volkszählungen waren auf Identifikation der Bürger ausgelegt, die formale Verschwiegenheit der Zähler und das Verwenden von verschlossenen Kuverts, im übrigen dieselben Strategien, die bis 2001 auch in der österreichischen Volkszählung angewandt wurden, stellen im Ergebniss das für die damalige Zeit technische Äquivalent zum verwendeten bPK-System der heutigen Registerzählung dar.
RESÜMEE
Sicherlich bestehen Unterschiede in den Zwecken der deutschen Zählungen und der Registerzählung. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass wir heute die Zwecke der NS-Zählungen aus der Entwicklung der Geschichte beurteilen können, die zukünftigen Zwecke der jetzt eingeführten Registerzählung uns aber noch unbekannt sind.
Eine kritische Würdigung und auch der Vergleich verschiedener Volkszählungen bezieht sich daher nicht auf beabsichtigte Zwecke, sondern auf strukturelle, technisch-organisatorische Ähnlichkeiten.
Die offiziellen Begründungen zur heutigen Registerzählung, man müsse an die EU bestimmte Daten liefern, ist für eine derart komplexe und umfassende Inventur der Bevölkerung nicht ausreichend. Die für die EU erforderlichen Daten könnten genauso durch Stichprobenerhebungen oder durch statistische und damit anonyme Auswertung der einzelnen Register, ohne deren Verknüpfung ermittelt werden.
Zusammenfassend ist der totalitäre Anspruch der Registerzählung 2011 auffällig. Sie gleicht damit eher einer Bevölkerungsbuchhaltung mit anschließender Generalinventur, als einer bloss gezählten Momentaufnahme der Bevölkerungsanzahl. Kennzeichen dieses totalitären, buchhalterischen Ansatzes ist das völlige Fehlen einer Fehlertoleranz. Die Registerzählung 2011 erhebt nicht bloß den Anspruch Datenmaterial mit einer Genauigkeit von +/- 1-2% Abweichung von den tatsächlichen Werten zu erheben, wie es den EU-Vorgaben entsprechen würde, sondern behauptet die Fiktion das exakte Bevölkerungsbild bilanzieren zu können.
Abschließend wird noch auf einen entscheidenden Unterschied zwischen den Volkszählungsgesetz bis 2006 und dem Registerzählungsgesetz 2006 hingewiesen. Das Volkszählungsgesetz regelte die Durchführung der jeweiligen Zählungen, die Datenerhebung, Auswertung und Verwendung der Daten, das Registerzählungsgesetz regelt hingegen, wie die inhaltliche und technische Organisation der einzelnen Register und deren Verknüpfung zu erfolgen hat, zum Teil mussten sogar neue Datenelemente für die Registerzählung aufgenommen werden (Datenelement "Familienstand" im Melderegister). Die Auswertung ("Zählung") ist nunmehr nur ein Nebenaspekt dieser Organisationsmaßnahme, der wesentlich bedeutendere Aspekt ist, dass nunmehr diese verschiedenen Register jederzeit verknüpft werden können ("Basisdaten") und ein Abgleich ("Qualitätssicherung") jederzeit möglich ist. Damit erreicht die Registerzählung eine qualitativ völlig neue Stufe.
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