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2012/07/27 Missbrauch von Exekutionsdaten - Spitze eines kriminellen Netzwerks
Anklage von Justizbeamten kann nur erster Schritt sein - Korruptionsstaatsanwaltschaft irrt, Betroffene wurden direkt geschädigt - Verständigung der Betroffenen noch immer nicht erfolgt - Justizministerinnen waren über Jahre informiert - parlamentarische Untersuchung der BMJ-Zustände überfällig - Böse Vorzeichen für andere "beamtete" Datenbestände

Anklage von Justizbeamten kann nur erster Schritt sein

Mit der nunmehrigen Anklage von 13 Justizwachebeamten wegen illegaler Weitergabe von Exekutionsdaten findet ein mehr als zehnjähriger Datenmissbrauchsskandal seine ersten Konsequenzen. Seit 2003 hatte die ARGE DATEN Staatsanwaltschaft, Datenschutzkommission und zuletzt die Justizministerinnen Berger, Bandion-Ortner und Karl auf den in aller Öffentlichkeit stattfindenden Datenhandel aufmerksam gemacht. Mindestens 700.000 BürgerInnen sind davon betroffen.

"Nichts gefunden", "alles in Ordnung", "keine Rechtsverletzung" waren jahrelang die mageren Rückmeldungen. Dabei war der Missbrauch denkbar simpel organisiert: statt einzelne Personen abzufragen, wurden ganze Personengruppen, etwa von A-K, L-P, ... einzelner Monate und Gerichte abgefragt und die Daten ausgedruckt. Die Ausdrucke wurden dann kiloweise an den Auskunftsdienst verschickt.


Korruptionsstaatsanwaltschaft irrt - Betroffene geschädigt

Entschieden zurückzuweisen ist die Behauptung der Staatsanwaltschaft, es hätte keinen finanziellen Schaden gegeben (http://oe1.orf.at/artikel/310992). Der ARGE DATEN liegen Mitteilungen von Betroffenen vor, dass sie durch diese illegale Weitergabe der Exekutionsdaten keine Geschäftsabschlüsse tätigen konnten oder nur zu wesentlich teureren Konditionen. Auch Gerichtsentscheidungen zu Schadenersatz wegen der rechtswidrigen Datenweitergabe sind der ARGE DATEN bekannt.

Faktum ist jedoch, dass vielen der Grund ihrer Schädigung nicht bekannt ist, da Vertragsablehnungen meist nicht begründet wurden und - verständlicherweise - auch nicht auf die illegalen Exekutionsdaten hingewiesen wurde.


Verständigung der Betroffenen überfällig

Das Datenschutzgesetz verlangt gemäß § 24 Abs. 2a zwingend die Verständigung der Betroffenen, wenn Daten systematisch missbraucht wurden. Dieser Verständigungspflicht ist das Justizministerium trotz mehrer Aufforderungen durch die ARGE DATEN bisher NICHT nachgekommen.

Argumentiert wurde, dass eine derartige Massenverständigung teuer sei und man nicht genau wisse, wer tatsächlich davon betroffen ist. Beide Argumente befreien jedoch nicht von der Verständigungspflicht.


Schutzbehauptung der Korruptionsstaatsanwaltschaft?

"Kein finanzieller Schaden" könnte auch als Schutzbehauptung der Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgelegt werden. Ohne finanziellen Schaden würde die Verständigunsgpflicht der Betroffenen entfallen, diese könnten sich nicht an die Verfahren anschließen. Es werden damit wohl auch nicht alle Details dieses kriminellen Netzwerks offengelegt.


Auch Unternehmen geschädigt

Neben den Betroffenen sind aber auch die Unternehmen als Kunden des Wirtschaftsauskunftsdienstes unmittelbar finanziell geschädigt. Ein großer Teil der Exekutionsdaten war schlicht falsch oder veraltet. Die Kunden bezahlten somit rechtswidrige und noch dazu fehlerhafte Daten und verloren dadurch mögliche Kunden. Offensichtlich entstand daraus ein unmittelbarer finanzieller Schaden.


Justizministerinnen ohne Durchblick?

Besonders dubios ist die Rolle der drei Justizministerinnen Berger, Bandion-Ortner und Karl, die bei den entsprechenden Anfragen bloß mit nichtssagenden Beruhigungsfloskeln reagierten. Hatten sie mehr gewusst und das bewusst vertuscht? Oder sind sie bloß nicht Herr bzw. Frau der Lage? Hier ist eine parlamentarische Untersuchung überfällig.


Völliges Versagen der internen Kontrolle

Sowohl der enorme Papierverbrauch einzelner Beamter, als auch die systematische Abfrage ganzer Personengruppen, statt einzelner Personen könnten durch vergleichsweise simple Überwachung kontrolliert werden. Offenbar gibt es aber justizintern kein derartiges Kontrollsystem für dubiose Datenabfragen. Im übrigen deckt sich das mit den Erfahrungen beim Innenministerium, dort werden illegale Datenabfragen in der Regel ebenfalls nicht durch interne Kontrollen sondern durch Hinweise ehemaliger Geschäftspartner und Lebenspartnerinnen aufgedeckt.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: "Der Vorfall lässt böses für weitere beamtete Datenbestände ahnen. Werden sich dann bei ELGA die Datenbetreuer ein Körberlgeld mit den ausgedruckten Gesundheitsdaten verdienen? Interessenten gäbe es ja genug. Und eines ist sicher, so billig wie die Exekutionsdaten (1 Euro pro Datensatz) werden die Gesundheitsdaten nicht sein."

Solange keine zuverlässigen und öffentlich überprüfbaren Kontrollen bei behördlich verwalteten Datenbeständen existieren, sollten keinesfalls neue Register eingeführt werden.


Aktion STERCUS der ARGE DATEN geht weiter

Seit etwa zehn jahren drängt die ARGE DATEN auf ein Ausmisten (lat. Stercus) der illegalen Bonitätsdatenbestände bei den Wirtschaftsauskunftsdiensten. Nach zahllosen erfolgreichen Zivilprozessen kommt es nun zum ersten Strafprozess. Das kann aber nicht das Ende sein, klare gesetzliche Regeln zur Datenqualität bei Auskunftsdiensten, aber auch eine Reform der antiquierten Exekutionsordnung sind das Ziel.

mehr --> Anfrage+Antwort BM Berger 2007
mehr --> Anfrage+Antwort BM Bandion-Ortner 2011
andere --> http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/UEA/UEA_00405/index.shtml
andere --> Stercus, Mehrzahl Stercora lat. Kot, Mist
andere --> Korruption: Justizbeamte angeklagt

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