2008/04/25 Verkehrsüberwachung mit Privatsheriffmethoden wird immer beliebter
Überwachen und Ausspähen sind In - Aufregung verursachte zuletzt ein Bürger, der zur privaten Verkehrsüberwachung griff - mit Radaranalge und Videokamera sollten Autofahrer erfasst und angezeigt werden - ein Beispiel, dass offenbar Schule macht - auch Videodaten sind personenbezogene Aufzeichnungen - es besteht kein Anspruch auf eine Vorabklärung der Zulässigkeit der Datenanwendungen - auch private Radarfallen der Gemeinden genehmigungspflichtig
Immer wieder stellt sich die Frage, ob es sich bei verschiedenen Maßnahmen, besonders bei Videoüberwachungen, um Datenanwendungen im Sinne des DSG handelt oder nicht. Deutlich wurde das zuletzt bei der problematischen „Hubschrauber-Entscheidung“ der DSK (http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGED...).
Der Bürger, der eine private Verkehrsüberwachung per Videoaufzeichnung plante, wollte bei der DSK einen Vorausentscheidung, eine Art Rechtsgutachten erwirken, ob diese Überwachung zulässig ist.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer fühlte sich durch mit überhöhter Geschwindigkeit fahrende Fahrzeuge gestört und plante deshalb eine private Überwachung mittels Videokamera um Beweise für verwaltungsbehördliche bzw. zivilrechtliche Verfahren zu sammeln. Er teilte der Datenschutzkommission mit, dass er auf der öffentlichen Verkehrsfläche vor seiner Liegenschaft Videoaufzeichnungen der mit überhöhter Geschwindigkeit vorbei fahrenden Fahrzeuge durchführen wolle. Festgestellte Verwaltungsübertretungen (Überschreitung des in der 30er-Zone geltenden Tempolimits) wolle er zum Zwecke einer Anzeige an die zuständige Behörde dokumentieren und nachzuweisen.
Er vertrat die Auffassung, dass mit der von ihm beabsichtigten Vorgangsweise keine Datenanwendung vorliege und nur indirekt personenbezogene Daten erhoben würden und somit keine Meldepflicht gegeben sei. Der Beschwerdeführer beantragte, die DSK möge feststellen, dass die gelegentliche Aufzeichnung von Fahrzeugen vor der Liegenschaft des Antragstellers mittels von Hand geführter und auf Band sequentiell aufzeichnender Videokamera keine meldepflichtige Datenanwendung iSd DSG darstellt.
Entscheidung der DSK
Dieser Antrag auf Feststellung des Nichtvorliegens einer meldepflichtigen Datenanwendung "im Grunde des § 17 Datenschutzgesetzes 2000" wurde durch die DSK zurückgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass weder die Qualifikation eines Sachverhaltes noch die Anwendbarkeit und die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein könnten. Für die Erlassung des Feststellungsbescheides fehle es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Der Antragsteller übersehe, dass im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage, nämlich ob die konkrete Datenverwendung eine meldepflichtige Datenanwendung (§ 4 Z. 7 DSG 2000) darstelle, in einem anderen durchaus zumutbaren gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahren (Meldeverfahren nach den §§ 17 ff DSG 2000) abzusprechen sei.
Argumente des Antragstellers
Der Antragsteller rief den VwGH an und argumentierte, in einem Meldeverfahren nach §§ 17 ff DSG habe er keine rechtliche Möglichkeit, eine seinem Rechtsstandpunkt und seinem rechtlichen Interesse entsprechende Entscheidung (Abweisung der Meldung wegen Nichtvorliegens einer meldepflichtigen Datenanwendung) durchzusetzen. Ein Rechtsmittel gegen eine rechtswidrige Annahme der Meldung und Registrierung im DVR sei mangels Beschwerderecht nicht möglich. Der Beschwerdeführer wolle sein Vorhaben nur dann umsetzen, wenn es keine meldepflichtige Datenanwendung sei. Durch eine Registrierung seiner Datenanwendung könnte jeder Einsicht nehmen. Der Beschwerdeführer könnte auf diesem Weg zu einem Zielobjekt der von den Polizeibehörden bestraften Schnellfahrers werden. Dies selbst dann, wenn er nicht einmal Anzeiger einer Verkehrsübertretung wäre.
VwGH-Entscheidung
Der VwGH folgte den Argumenten des Antragstellers nicht. Ein Verfahren zur Feststellung, ob eine bestimmte Datenanwendung meldepflichtig ist oder nicht, ist im DSG nicht vorgesehen. Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung käme im Beschwerdefall nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber von Verwaltungsbehörden nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen.
Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt nach Auffassung des VwGH den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein sogenannter subsidiärer Rechtsbehelf ist, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind. Die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides darüber, ob ein konkretes Vorhaben nach einem bestimmten Gesetz meldepflichtig ist oder nicht, sei daher zu verneinen. Da das DSG die Möglichkeit eines Feststellungsbescheides nicht kenne, müsse der Antragsteller eben im Rahmen einer Anmeldung klären, ob die geplante Maßnahme nach dem DSG meldepflichtig sei oder nicht.
Konflikt unterschiedlicher Datenschutzinteresen?
Die Argumentation, dass über die Frage, ob eine geplante Datenanwendung meldepflichtig sei oder nicht, nicht mit einem gesonderten Feststellungsbescheid behandelt werden könne, ist grundsätzlich schlüssig, aber auch das Anliegen des dem Antragstellers ist nachvollziehbar. Vor allem ist tatsächlich fragwürdig, ob bei einer Registrierung der Datenanwendung durch die DSK überhaupt eine rechtliche Möglichkeit besteht, die Parteiauffassung, dass eine entsprechende Maßnahme nicht zu melden sei, rechtlich zur Geltung zu bringen. Im allgemeinen ist für den Fall, dass ein entsprechender Parteiantrag - hier auf Registrierung - durch die Behörde voll erfüllt wurde, jedenfalls keine Beschwerdemöglichkeit gegeben und somit auch der Weg zum Verwaltungsgerichtshof versperrt. Unabhängig davon, dass von Seiten des Datenschützers natürlich Interesse besteht, dass derartige Maßnahmen, wie sie der Antragsteller geplant hat, zumindest registriert werden, stellt eine solche Situation dennoch ein Rechtsschutzdefizit für den Datenverarbeiter dar. Auch das Bedürfnis, nicht im Datenverarbeitungsregister öffentlich erkennbar zu sein, um Gegenreaktionen angezeigter Autofahrer zu vermeiden, ist zweifellos eines, das aus Datenschutzgründen überzeugt.
Auch private Anlagen der Gemeinden genehmigungspflichtig
Auch Gemeinden lagern immer öfter die Geschwindigkeitsüberwachung an private Unternehmen aus. Diese stellen die Radargeräte auf, übernehmen Wartung und Kostenrisiko und erhalten pro "Treffer" eine Provision. Auch diese Radaranlagen wären bei der Datenschutzkommission zu registrieren, was in den seltensten Fällen passiert.
Unbefriedigender Zustand
Es ist menschlich verständlich, sich über Autoraser zu ärgern, die Passanten in Wohngebieten gefährden, muss aus grundrechtlicher Sicht festgehalten werden, dass eine private Videoüberwachung von Autofahrern unerwünscht ist.
Letztendlich muss die Ahndung von Verkehrsübertretungen jedenfalls Aufgabe des Staates bleiben und es darf auch in solchen Fällen nicht auf „Privatsheriffmethoden“ gesetzt werden, die darauf abzielen, andere Bürger zu überwachen und bei Behörden anzuschwärzen.
Unbefriedigend am Fall bleibt, dass in Grenzfällen keine Möglichkeit besteht, die Frage der Registrierungspflicht vor Höchstgerichten klären zu können.
mehr --> Nur bei "Identifizierungsabsicht" Grundrecht auf Datenschutz? mehr --> VwGH Erkenntnis 2007/05/0220.pdf
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