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2008/01/23 GIS - Datenschutzgesetz bietet keinen ausreichenden Bürgerschutz
VwGH erteilt Verstößen gegen das Auskunftsrecht wieder einmal seinen juristischen sanctus - Gegenwärtige Rechtslage des DSG bietet keine effiziente Handhabe gegen notorische Auskunftsverweigerer wie die Gebühren-Info-Service Gmbh GIS - Gesetzeslage europarechtlich nicht ausreichend

Die rechtliche Problematik ist altbekannt und war schon mehrfach Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen vor dem Höchstgericht: Die juristischen Möglichkeiten, sich gegen Verletzungen des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts zur Wehr zu setzen, sind nach den Bestimmungen des DSG 2000 überaus begrenzt.

Betroffene haben zwar die Möglichkeit, die Datenschutzkommission anzurufen. Entscheidet sich der Verfahrensgegner allerdings dazu, im Zuge der Beschwerde doch noch verspätet seiner Auskunftspflicht nachzukommen, wird seine Beschwerde abgewiesen, auch dann wenn für den Betroffenen dadurch wichtige Fristen verloren gehen.

Ein Überblick zur - europarechtswidrigen - Rechtslage anhand eines unlängst beim VwGH anhängig gewesenen Falles, der auch interessante Aufschlüsse zum Stellenwert des Datenschutzes bei der Gebühren-Info-Service Gmbh GIS bietet.


Auskunftspraxis bei der Gebühren-Info-Service Gmbh GIS

Der Betroffene erhielt Post von der Gebühren-Info-Service Gmbh (GIS), welche mit der Einbringung der rundfunkbezogenen Programmentgelte betraut ist, mit welcher er aufgefordert wurde, bekannt zu geben, welche Rundfunkempfangseinrichtung er betreibe. Im Gegenzug wurde durch den Betroffenen an die GIS ein Auskunftsersuchen gestellt, welche personenbezogenen Daten diese über ihn verarbeite, die Beantwortung fiel ungenügend aus. Erst im Zuge einer vor der DSK erhobenen Beschwerde kam die GIS ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach und gab bekannt, die Meldedaten des Betroffenen von der Stadtgemeinde im Rahmen der Amtshilfe übermittelt erhalten und diese mit den bei ihr verarbeiteten Daten über gemeldete Rundfunkteilnehmer abgeglichen zu haben. In einem entsprechenden Bescheid stellte die DSK fest, dass - trotz der verspäteten Auskunft - keine Verletzung des Auskunftsrechts stattgefunden habe und wies die Beschwerde ab. Der Betroffene erhob Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.


Die VwGH-Entscheidung 2006/06/0330

Die Entscheidung des VwGH fiel wenig überraschend aus. Die Beschwerdegegnerin habe im Zuge des Verfahrens eine entsprechende Auskunft erteilt, insoferne sei - ähnlich wie bei Löschungsbegehren - eine Verletzung des Auskunftsrechts nicht „im nachhinein“ feststellbar. § 31 Abs 1 des DSG 2000, welcher die Beschwerdemöglichkeiten regle, sehe eine derartige Sanktion nicht vor. Im übrigen stelle die Tatsache, dass erfolgte Auskunftsverletzungen nicht im Rahmen eines entsprechenden Verfahrens feststellbar seien, auch keine Verletzung der EU-Datenschutzrichtlinie dar, da ein derartiger Anspruch aus den dortigen Bestimmungen nicht ableitbar sei.


Problematische Rechtsgrundlage im Rundfunkgebührengesetz

Auch wenn das entsprechende Verfahren „nur“ die Verletzung des Auskunftsrechts betroffen hat, eignet es sich dazu, einen kritischen Blick auf das datenschutzrechtliche Umfeld, in welchem die GIS agiert, zu werfen.
Gemäß § 4 Abs 3 RGG haben die Meldebehörden zum Zweck der Erfassung aller Rundfunkteilnehmer auf Verlangen der GIS dieser Namen (Vor- und Familiennamen), Geschlecht, Geburtsdatum und Unterkünfte der in ihrem Wirkungsbereich gemeldeten Personen in der dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Form zu übermitteln.

Die GIS darf die übermittelten Daten ausschließlich zum Zweck der Vollziehung des Rundfunkgebührengesetzes verwenden. Zwar besteht grundsätzlich eine Verpflichtung zur Löschung der erhaltenen Meldedaten nach einem Jahr, nicht zu löschen sind aber die Daten jener gemeldeten Personen, die trotz Aufforderung keine Mitteilung an die GIS erstatten, ob Rundfunkempfangseinrichtungen betrieben werden.

Die entsprechende Rechtsgrundlage ist aus verschiedenen Gründen problematisch: Einerseits ist fragwürdig, warum die GIS zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben das Geburtsdatum entsprechender Meldepersonen benötigt. Weiters ist die „ewige“ Speicherung von Personen zu kritisieren, welche der GIS keine entsprechende Meldung erstatten.

Die Regelung birgt an sich den Verdacht der Verfassungswidrigkeit in sich: Nach Auffassung des VfGH handelt es sich bei dem durch Rundfunkteilnehmern zu entrichtenden Programmentgelt lediglich um eine synallagmatische „Gegenleistung“ zu den dargebotenen Programmen. In diesem Zusammenhang wäre zu hinterfragen, warum die GIS per gesetzlicher Regelung die Möglichkeit hat, gezielt Meldedaten zu durchforsten, während private Anbieter von solchen Möglichkeiten nur träumen können. Weiters räumt der Gesetzgeber neben den behördlichen Möglichkeiten der GIS noch zusätzlich ein, sich bei der „Gebühreneintreibung“ privater Anbieter - somit professioneller Inkassodienste - zu bedienen, eine Möglichkeit die im Anwendungsbereich öffentlicher Abgaben ansonsten ausgeschlossen ist.

Die GIS agiert per Gesetzesauftrag als eine Art „Zwitterwesen“: Einerseits hat man die Möglichkeiten einer Behörde, kann Bescheide erlassen und sogar auf Meldedaten zugreifen. Andererseits darf man sich fragwürdiger „Eintreibungsmethoden“ bedienen, die normalerweise - aus guten Gründen - bestenfalls Privaten und keinen Behörden offen stehen.


Zahnloses Auskunftsrecht

Jedenfalls entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass dieselbe Institution, welche auf Nichtbeauskunftung ihrer Anfragen mit „lebenslanger Datenspeicherung“ reagiert, gleichzeitig ihren Auskunftspflichten nur höchst säumig und nur unter Einbringung einer Beschwerde bei der Datenschutzkommission nachkommt.

Das zahnlose österreichische Datenschutzgesetz kommt derartigen Praktiken leider entgegen. Nur wenige Betroffenen machen sich die zusätzliche Mühe, gegen ungenügende Auskünfte zur Datenschutzkommission zu ziehen. Schlagen sie diesen Weg ein, bekommen sie vielleicht Monate später Auskunft, haben aber erheblichen Aufwand in ein Verfahren investiert und bleiben auf allfälligen Kosten sitzen.


Verstoß gegen EU-Datenschutzrichtlinie

Teilt man die österreichische Judikaturlinie, dass entsprechende Verletzungen des Auskunftsrechts bei nachträglicher Auskunftserteilung nicht mehr verfahrensmäßig feststellbar sind, sind die österreichischen Bestimmungen - entgegen den höchstgerichtlichen Ausführungen - nicht europarechtlich Vereinbar.

Art. 8 der EU-Datenschutz-RL garantiert Betroffenen jedenfalls, „frei und ungehindert in angemessenen Abständen ohne unzumutbare Verzögerung oder übermäßige Kosten“ die Bestätigung, dass es Verarbeitungen sie betreffender Daten gibt oder nicht gibt, sowie zumindest Informationen über die Zweckbestimmungen dieser Verarbeitungen, die Kategorien der Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, und die Empfänger oder Kategorien der Empfänger, an die die Daten übermittelt werden.

Eine Gesetzeslage, die es ungeahndet lässt, wenn Betroffene regelmäßig nur im Rahmen zeitraubender Beschwerdeverfahren ihre Ansprüche durchsetzen können, ist mit dieser Auskunftsgarantie nicht vereinabr.

Österreichische Auftraggeber werden - mangels Sanktionen - geradezu eingeladen, Ersuchen erst im Rahmen eines Verfahrens zu beantworten, eine überaus unbefriedigende Gesetzeslage. Sinnvoller wäre es die Durchsetzung des Auskunftsrechts gegenüber Auftraggebern des Privatrechts von der DSK zu den ordentlichen Zivilgerichten zu verlagern. Dies würde zwar für Betroffene ein höheres Kostenrisiko bei der Durchsetzung bedeuten, andererseits notorischen Auskunftsverweigerern ihre Gesetzesverletzungen wohl austreiben, da entsprechende Auskunftserteilungen während des Verfahrens mit einer Übernahme der Verfahrenskosten verbunden wären.

Auch eine pauschalierte Abgeltung von Verfahrenskosten bei verspäterter oder unzureichender Auskunftserteilung wäre sinnvoll.

Archiv --> VwGH 2006/06/0330

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