2003/08/04 Erwerbserhebung - Bundesminister Bartenstein setzt auf Zwang statt auf Motivation
Verordnung zur Erwerbs- und Wohnungsstatistik zwingt Bürger zur Auskunft - Zu Grunde liegende EU-Verordnung setzt auf freiwillige Auskunftserteilung - Beauftragung erfolgt ohne Ausschreibung an Statistik Austria - EU-Vorgaben könnten kostengünstiger und bürgerfreundlicher erfüllt werden
Verordnung zur Erwerbs- und Wohnungsstatistik zwingt Bürger zur Auskunft
Auf Grund der EU-Verordnung 577/98 haben alle Länder in Stichprobemform eine Arbeitskräfteerhebung durchzuführen. Umfang der Fragen und auch die Erhebungsqualität werden durch diese Verordnung genau (abschliessend) geregelt. Grundsätzlich geht die Verordnung von der freiwilligen Auskunft durch die Bevölkerung aus, erlaubt aber auch gem. Artikel 5 die zwangsweise Datenerhebung.
Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: 'EU-Verordnungen sind unmittelbar wirksam, die einzelnen Staaten haben nur mehr einen sehr geringen Handlungsspielraum. Von einer modernen, bürgernahen Verwaltung hätte ich mir erwartet, dass die Verordnung möglichst bürgerfreundlich umgesetzt wird und die unbedingt notwendigen Erhebungen auf freiwilliger Basis erfolgen.'
Bundesminister Bartenstein setzt auf Zwang
Die notwendige Mitwirkung der Bevölkerung wäre durch eine klare Informations- und Aufklärungspolitik über Sinn und Ziele der Befragung leicht zu erreichen.
Hans G. Zeger: 'Offenbar glaubt jedoch der Bundesminister auf Aufklärung verzichten zu können und mißtraut dem Verantwortungsbewußtsein der Bevölkerung, er setzt lieber auf Zwang. Das ist alter, bürokratischer Beamtenstil.'
Auftrag ergeht ohne Ausschreibung an Statistik Austria
Die zwangsweise Bevölkerungsbefragung (immerhin 42.000 Personen pro Quartal) wird auf dem Verordnungsweg der Statistik Austria übertragen und mit 1 - 1,5 Mio. EUR pro Jahr abgegolten.
Hans G. Zeger: 'Die Kostenkalkulation kann nicht nachvollzogen werden, transparenter wäre es auf jeden Fall gewesen, die Erhebungen auszuschreiben und an den Bestbieter zu vergeben.'
Auf Grund der detaillierten Vorgaben der EU-Verordnung wäre überhaupt keine eigene Verordnung in Österreich notwendig. Auf Grundlage der EU-Verordnung könnte sehr kostengünstig eine Ausschreibung organisiert werden.
Hans G. Zeger: 'Die Vergabe von Erhebungen oder Erhebungsteilen an entsprechend qualifizierte Unternehmen ist üblich und wird auch von der Statistik Austria immer wieder durchgeführt. So wird etwa ECH-Erhebung (European Community Household), die auch der Statistik Austria zugeteilt wurde und einen ähnlich großen Umfang hat, gar nicht von der Statistik Austria durchgeführt, sondern von Subunternehmern.'
Bundesminister sollte Entwurf zurückziehen.
Der Verordnungsentwurf, der bloß eine weitere zwangsweise Datenbeschaffung vorsieht sollte ersatzlos zurückgezogen werden und die Erhebung stattdessen ausgeschrieben werden.
Hans G. Zeger: 'In einem fairen und objektiven Ausschreibungsverfahren kann ja dann die Statistik Austria beweisen, dass der großzügig gewährte Kostenersatz von 1-1,5 Mio. EUR tatsächlich die beste Variante ist. Als Mitglied des Datenschutzrates war ich daher verpflichtet gegen diesen fragwürdigen Verordnungsentwurf ein ablehnendes Votum Separatum einzulegen.'
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