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2003/04/28 WARNUNG POST AG als Sex-Vermittler
POST AG nascht am lukrativen Direktmarketing-Kuchen mit - auch mit unlauteren Mitteln - Familienväter erhalten als 'Singlehaushalt' eindeutige Kontaktangebote - Erklärungsnotstand gegenüber Kindern und Ehepartnern - mehrfacher Verstoß gegen den Datenschutz - Adressverlag Schober prominent beteiligt

POST AG nascht mit

Nach dem Spruch 'Sex sells' bietet die POST AG unter dem Produktnamen 'Info-Post-Select' pikantes für die Werbewirtschaft an.

Sie wollen 'Gartenfreunde', 'Singles', 'Luxuskäufer' oder 'Vielreiser' anschreiben, haben aber keine geeigneten Adressen?

Kein Problem, durch 'Recherche in verschiedenen Datenbanken und Abgleich' werden aus normalen Postempfängern sexhungrige Singles oder biedere Gartenfreunde identifiziert.

Mit ganz besonderen Zuckerln. Sind unter einer Hausnummer die überwiegende Zahl an Haushalten 'männliche Singlehaushalte', dann macht man, wohl zwecks Gewinnmaximierung, gleich alle Anschriften zu 'Singlehaushalten'.


Unlauteres Geschäft

Mit dem (beabsichtigten) Nebeneffekt, biedere Familienväter gegenüber Ehefrau und Kindern in erheblichen Erklärungsnotstand zu bringen, was er denn getan haben könnte, plötzlich als Single zu gelten.

Egal ob große Wohnhausanlage, Büro oder Einfamilienhaus, wer von der POST AG zum Single definiert ist, hat sich gefälligst über zusätzliche Kontaktanzeigen zu freuen!


Datenschutz mehrfach verletzt

Grundsätzlich ist ein Datenverarbeiter verpflichtet nicht nur persönliche Daten vertraulich zu behandeln, sondern auch sicher zu stellen, dass die Informationen 'richtig', 'dem Zweck entsprechend' sind und 'regelmäßig aktualisiert' werden.

Der Betroffene hat Anspruch auf Löschung unberechtigt ermittelter Daten, auf Richtigstellung falscher bzw. irreführender Daten und auf Unterlassung der Verbreitung derartiger Informationen.

Im konkreten Fall wurde ein Poststück mit 'An einen männlichen Singlehaushalt, XY-Straße, 8xxx Graz' von der Post AG entgegengenommen mit dem Versprechen es anschriftsgemäß zuzustellen. Die angegebene Adresse wurde für die Kontaktanzeigenfirma von der POST AG ermittelt.

Die Adresse wurde durch die POST AG aus verschiedenen personenbezogenen Datenbanken herausgefiltert. Da der POST AG an der Adresse nur eine männliche Person bekannt war, wurde diese Person mit dem Merkmal 'männlicher Single' versehen und dann die Adresse ohne Personendaten an die Kontaktfirma weitergegeben.

Das Merkmal 'männlicher Single' wurde von der POST AG im Sinne des DSG 2000 'ermittelt', wobei es unerheblich ist, ob die Ermittlung durch Erhebungen, Befragungen des Betroffenen oder durch 'errechnen' aus anderen Informationen erfolgte.

Eine Weitergabe mit persönlichen Namen wäre sowohl aus Datenschutzgründen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen aus Sicht der Post nicht zielführend, da dann diese Daten immer wieder verwendet werden könnten oder auch weiterverkauft werden könnten.

Bei der nun gewählten Vorgangsweise wurden sogannte 'indirekt personenbezogene Merkmale' einer Person verwendet, nämlich Adresse + die (falsche) Eigenschaft 'männlicher single'.

Als indirekt personenbezogene Daten werden alle Informationen verstanden, die zwar eine Stelle (hier die POST AG) einer einzelnen Person zuordnen kann, eine andere Stelle (hier das Kontaktvermittlungsbüro) dies nicht kann. Derartige Daten müssen aber genauso behandelt werden wie personenbezogene Daten.

Diese Datenweitergabe ist nach den neuen DSG 2000 - Bestimmungen genauso unzulässig, wie eine Datenweitergabe inklusive Namen.

Weiters wurde durch das Erzeugen von zusätzlichen Merkmalen, die nicht für Zwecke der Postzustellung notwendig sind, auch das Zweckbestimmungsgebot des DSG 2000 verletzt. Dieses besagt, dass Daten nur in dem Umfang verwendet und verwaltet werden dürfen, wie sie zur Erfüllung eines Zwecks (einer Aufgabe) notwendig sind. Um ein Poststück sicher an eine Person XY zustellen zu können, ist die Zusatzinformation 'männlicher Single' jedoch völlig überflüssig.


Vermutlich auch Bruch des Postzustellgesetzes

Neben der datenschutzrechtlich unzulässigen Vorgangsweise, wurden vermutlich auch Zustellbstimmungen verletzt. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Anschrift um ein Einfamilienhaus mit mehreren Familienmitgliedern, keines davon hat den Namen 'männlicher Singlehaushalt'. Die Post hätte somit dieses Schriftstück gar nicht zustellen dürfen.


Mehrfache Rechtsbrüche der POST AG

Die POST AG hat somit veschiedenste Bestimmungen verletzt:
- Bruch des Grundsatzes der Verwendung von Daten gemäß Treu und Glauben, §6 DSG 2000
- unzulässige Datenermittlung (Verletzung der Zweckbestimmung, §7 DSG 2000
- Verwendung falscher und fehlerhafter Daten, §27 DSG 2000
- unzulässige Datenweitergabe an Dritte, u.a. §1, 8 DSG 2000
- Verletzung des Postzustellgesetzes


Mit welchen Mitteln kann ein Betroffener vorgehen?

Grundsätzlich kann ein Betroffener die Richtigstellung falscher Daten verlangen und auch die Unterlassung der Datenweitergabe erreichen. Daten die nicht zur Erfüllung eines Zwecks benötigt werden, müssen gelöscht werden. Es besteht ein Löschungsanspruch.

Löschung und Unterlassung kann entweder durch eine entsprechende Erklärung erfolgen oder auf gerichtlichem Weg durchgesetzt werden.

Die ARGE DATEN hat ein Musterformular für eine derartige Unterlassungserklärung entwickelt, Mitglieder werden im Rahmen der Rechtsschutzversicherung vor Gericht vertreten.

Weiters empfehlen wir die Sendung mit dem Vermerk 'nicht angenommen' an den Absender zurückzuschicken. Dabei sollte die Aufgabe bei einem Briefkasten und nicht beim Briefträger erfolgen. Die Post müßte dann für die unfrankierte Rücksendung beim Absender Nachporto verrechnen.


Erklärungsnotstand der Post AG

Offensichtlich handelt der Info-Select-Dienst mit Informationen, die die Post im Rahmen ihrer Zustelltätigkeit bekannt werden, diese dürfen nach dem DSG grundsätzlich nur für Zustellzwecke verwendet werden. Ein Abgleich mit anderen Informationen zu anderen Zwecken bedarf zusätzlicher Regelungen oder der ausdrücklichen Zustimmung durch den Betroffenen. Dies umso mehr, als offenbar die verwendeten Daten zu einem großen Teil falsch oder irreführend sind.

Die ARGE DATEN ist gespannt, wie die POST AG den Mißbrauch der Kundendaten, aber auch die Irreführung der 'Info-Post-Select-Kunden' rechtfertigen wird. Neben der Verletzung der Privatsphäre liegt auch eine unzureichende Leistungserbringung vor. 'Info-Post-Select-Kunden' sind daher gut beraten, die Kosten für derartige Aussendungen wieder zurück zu fordern.


Fachverband Direktmarketing gefordert

Selbstverständlich wurde auch der Fachverband Direktmarketing angesprochen. Dieser müßte zum Schutz der eigenen Mitglieder gegen derartige dubiose und wettbewerbsverzerrende Methoden zumindest mit einer UWG-Klage vorgehen.

Hans G. Zeger: 'Leider war der Fachverband zu keiner Stellungnahme bereit, offenbar goutiert der Verband die unter der Gürtellinie liegenden Methoden seines Mitglieds Postadress Austria. Ein Unternehmen, bei dem die Post AG und Schober mit je 50% beteiligt sind, seinen Sitz am Firmenstandort von Schober hat (A-1100 Wien, Hebbelplatz 5) und die Post den Datenlieferanten spielt.




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