VwGH: EUR 12.000,- Verwaltungsstrafe nach SMS-Werbung MMag. Michael Krenn
VwGH bestätigt Strafbescheid wegen Zusendung unerbetener SMS zu Werbezwecken - in mehreren Fällen war eine Geldstrafe von insgesamt EUR 12.000,- verhängt worden - Problem: Zusendung elektronischer Werbung ohne vorherige Zustimmung
Der betroffene Anschlussinhaber hatte über keinerlei private oder geschäftliche Kontakte zum genannten Unternehmen verfügt. Er hatte auch zu keiner Zeit eine Einwilligung zur Übermittlung von SMS an jenen erteilt. Dennnoch erhielt er eine Reihe von Werbe-SMS, die jeweils mit dem Wortlaut: "STOPP an (näher bezeichnete Mobiltelefonnummer)" abgeschlossen waren. Er fühte sich belästigt und erstattete Anzeige.
Vorinhaber hatte angeblich Zustimmung erteilt
Der Beschuldigte rechtfertige sich damit, dass sein Unternehmen beim Anschluss des Empfängers der SMS angerufen hatte und der Anrufer durch das Drücken der Sterntaste seines Handys die Zustimmung zur Zusendung von SMS erteilt habe. Zum Beweis dafür legte der Beschuldigte einen Ausdruck aus seinem Computersystem beinhaltend eine "CallID"-Nummer, die Telefonnummer des Anrufers, die gewählte Nummer, das Datum, den Zeitpunkt und die Dauer des Gespräches sowie den Vermerk "AMTKOMMEND352" vor. Aus der Urkunde war aber nicht ersichtlich, wer der Anrufende gewesen war, wer das Gespräch entgegengenommen und welchen Inhalt es gehabt hatte.
Der Betroffene hatte den Vertrag mit dem Mobilfunkbetreiber über den gegenständlichen Telefonanschluss jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen, die behauptete Zustimmung konnte also nur vom vorherigen Anschlussinhaber stammen.
Die Strafbehörde ließ die Rechtfertigung des Beschuldigten, in gutem Glauben gehandelt zu haben, nicht gelten. Es sei nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Die im Unternehmen getroffenen Maßnahmen seien ungeeignet gewesen, die Vorschriften des TKG einzuhalten. Sich ungeprüft bei der Versendung von SMS auf eine ein Jahr alte Zustimmungserklärung zu stützen, sei unter Berücksichtigung des rasanten Fortschritts im Bereich der Informationstechnologie als fahrlässig zu werten.
VwGH: Zustimmung vorheriger Anschlussinhaber irrelevant
Der belangte Geschäftsführer erhob infolge Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und wiederholte seine Argumentation, dass hinsichtlich des Anschlusses eine gültige Zustimmung erteilt worden sei und ihm kein Verschulden an der SMS-Versendung getroffen habe, da dieser vom Inhaberwechsel nichts gewusst habe. Auch der VwGH lässt diese Argumentation nicht gelten. Nach § 107 Abs 2 TKG sei die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung des Empfängers, des Inhabers des Anschlusses, unzulässig. Der Teilnehmer, dem der gegenständliche Telefonanschluss im Zeitpunkt der Übermittlung der strittigen SMS zugeordnet war, hatte der Vorgangsweise nicht zugestimmt. Die Behauptung, der Empfänger müsse sich die angebliche Einwilligung des früheren Anschlussinhabers zurechnen lassen, solange dem Absender der SMS nicht bekannt geworden sei, dass ein Teilnehmerwechsel stattgefunden habe, sei unzutreffend.
Unzureichende Information zu Widerspruchsrecht
Eine Berufung des Beschwerdeführers auf die Ausnahmeregelung des § 107 Abs 3 TKG scheitere daran, dass der Empfänger im gegenständlichen Fall nicht klar und deutlich die Möglichkeit erhalten habe, eine Nutzung der elektronischen Kontaktinformation im Zusammenhang mit der Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen. Diesem Erfordernis sei allein mit der am Ende der strittigen SMS enthaltenen Wortfolge "STOPP an (näher bezeichnete Telefonnummer)" nicht Rechnung getragen worden, weil für den durchschnittlichen Empfänger keineswegs klar und deutlich sein musste, dass er durch Übersendung dieser Wortfolge an die genannte Nummer weitere Zusendungen verhindern könne. Dazu hätte es einer eindeutigen Information des Empfängers über die Bedeutung dieser Wortfolge bedurft.
Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Das vom Beschwerdeführer dargestellte vollständig automatisierte System der Einholung von Zustimmungen einerseits und der Versendung von SMS andererseits sei mangels eines ausreichenden Fehlerkalküls schon vom Ansatz her nicht geeignet, die Vorschriften des TKG einzuhalten. Die Beschwerde wurde sohin als unbegründet abgewiesen, die Strafe bestätigt.
Welche Verpflichtungen treffen den Werbenden?
Zumindest zwei wichtige Rechtsfragen werden durch die Entscheidung thematisiert. Eine betrifft die Gestaltung des Hinweises auf ein bestehendes Widerspruchsrecht des Empfängers gegen die - an sich gem. § 107 Abs 3 TKG ausnahmsweise erlaubte- Versendung von SMS-Werbung. Hiezu hält das Verwaltungsgericht den reinen „Stopp-Hinweis“ für ungenügend. Es muss das Widerspruchsrecht klar gefasst sein, so dass dessen Inhalt dem Empfänger auch verständlich ist. Das stellt insbesondere bei SMS aufgrund von deren inhaltlicher Kürze an den Versender eine gewisse Herausforderung dar und wird zwangsläufig dazu führen, dass die Werbebotschaften auf mehr als ein SMS verteilt werden müssen.
Die zweite Frage betrifft das Problem eines Wechsels des Anschlussinhabers. Eine zuvor erteilte Zustimmung zum SMS-Empfang wirkt aufgrund deren persönlichen Charakters nicht auf den Neuinhaber fort. Der Werbende wird aber weder durch den Anschlussinhaber noch durch den Netzbetreiber über Teilnehmerwechsel informiert, und wird daher in der Regel nichts für die Gesetzesübertretung können. Grundsätzlich existiert das Prinzip „Keine Strafe ohne Schuld“, welches auch im Verwaltungsstrafgesetz verwirklicht ist. Soferne dem Werbenden keine Fahrlässigkeit beigemessen werden kann, wäre er daher nicht zu bestrafen. Dies hat der VwGH in dieser Entscheidung unter Hinweis auf das unzureichend kundgemachte Widerspruchsrecht und das vollautomatisierte System zur Einholung von Zustimmungen nicht als gegeben erachtet.
Genauere gesetzliche Regelung wäre wünschenswert
Bleibt die Frage: Wie muss ein Werbender tatsächlich vorgehen, will er nicht als fahrlässig Handelnder bestraft werden, wenn ein Neuanschlussinhaber Werbe- SMS erhält?
Der VwGH führt dies hier leider nicht konkret aus. Eine Pflicht, regelmäßig aktiv zu prüfen, ob die Anschlussinhaber noch ident sind, ist wohl vom Aufwand her unzumutbar und kann auch weitere Probleme mit sich bringen, da auch derartige „Identifizierungsanrufe“ naturgemäß als Belästigung empfunden werden können und rechtlich fragwürdig sind. Auch eine regelmäßige Information durch den Netzbetreiber wird aus datenschutzrechtlichen Gründen sowie aufgrund eines fehlenden Rechtsanspruchs des Werbenden nicht in Frage kommen. Eine genauere gesetzliche Regelung wäre im Sinne der Rechtssicherhit sowohl für Unternehmer als auch Konsumenten wünschenswert.
Archiv --> VwGH Entscheidung 2010/03/0056
|