OLG Linz: Beschimpfung auf Facebook rechtfertigt Entlassung des Betriebsrats Mag. jur. Jacqueline Kachlyr
Betriebsrat bezeichnet Arbeitgeber und Kollegen als "rode o***asch“ - Entlassung von Betriebsräten nur in extremen Fällen zulässig - Berufung: sinnvolle Zusammenarbeit nicht gefährdet - OLG Linz bestätigt Ehrverletzung der Betriebsinhaber und Mitarbeiter - OGH steht Ehrverletzungen kritisch gegenüber
Betriebsrat bezeichnet Arbeitgeber und Kollegen als "rode o***asch“
Ein Mitarbeiter wurde aufgrund seiner zehnjährigen Betriebszugehörigkeit geehrt und veröffentlichte in diesem Zusammenhang ein Foto auf seinem Facebook-Profil. Das Foto zeigt den Mitarbeiter zusammen mit den Mitgliedern des Betriebsrates, den Geschäftsführern und dem Bereichsleiter. Mit Ausnahme des Mitarbeiters selbst, sind alle anderen Personen auf dem Bild sozialdemokratischer Gesinnung.
Die Veröffentlichung bleibt auch dem mittlerweile entlassenen Betriebsrat nicht verborgen. Er kommentiert das Bild mit den Worten: „du bist a harta hund, wie haltst des nur aus zwischen den ganzen roten Socken?“. Der geehrte Mitarbeiter bittet den Betriebsrat daraufhin, sachlich und höflich zu bleiben. Der Betriebsrat kommentiert erneut: „… wenns ned höflich war würd i schreiben wie hoits des aus zwischen den roden o***asch“. Die Kommentare konnten von 371 Facebook-Freunden verfolgt werden.
Entlassung von Betriebsräten nur in extremen Fällen zulässig
Gemäß § 27 Angestelltengesetz (AngG) benötigt jede Entlassung - die vorzeitige Auflösung eines Dienstverhältnisses, ohne an Termine und Fristen gebunden zu sein - einen Entlassungsgrund. Eine Ehrverletzung gegen den Dienstgeber, dessen Stellvertreter, deren Angehörige oder gegen Mitbedienstete wie im oben dargestellten Fall, würde bei Angestellten, die nicht dem Betriebsrat angehören eine Entlassung rechtfertigen (§ 27 Z 6 AngG).
Da es sich bei dem beleidigenden Mitarbeiter um ein Betriebsratsmitglied handelte, ist für eine Entlassung zusätzlich § 122 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) zu berücksichtigen. In Absatz 1 wird festgehalten, dass das Gericht einer Entlassung zustimmen darf, wenn sich ein Betriebsratsmitglied "...erhebliche Ehrverletzungen gegen den Betriebsinhaber, ..., oder Arbeitnehmer des Betriebes zuschulden kommen lässt, (und) sofern durch dieses Verhalten eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsratsmitglied und Betriebsinhaber nicht mehr zu erwarten ist"
(§ 122 Abs. 1 Z 5 ArbVG).
Neben den genannten erhöhten Entlassungsvoraussetzungen, ist zusätzlich die Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts einzuholen, da die ausgesprochene Entlassung sonst rechtsunwirksam ist, also keine Gültigkeit erlangt (§ 120 Abs. 1 ArbVG).
Der beleidigende Betriebsrat wurde demnach auf Entlassung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht geklagt, welches seine Zustimmung zur Entlassung prompt erteilte.
Berufung: sinnvolle Zusammenarbeit nicht gefährdet
In seiner Berufung stützte sich der Betriebsrat auf die Bestimmung § 122 Abs 1 Z 5 ArbVG, wonach Betriebsräte nur entlassen werden dürfen, wenn eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Er argumentierte eine „sinnvolle Zusammenarbeit“ sei nicht gefährdet, er habe mit den Geschäftsführern kaum persönlichen Kontakt, einem sei er überhaupt nur namentlich bekannt. Außerdem sei er nicht Betriebsrats-Vorsitzender, noch dessen Stellvertreter.
Das Oberlandesgericht (OLG) Linz (12 Ra 34/13a) folgte dieser Argumentation nicht, denn dies würde ja geradezu einen Freibrief für beleidigende Äußerungen für jene Betriebsratsmitglieder darstellen, welche nicht Vorsitzender oder Stellvertreter sind oder für jene, welche mit dem Betriebsinhaber nicht persönlich in Kontakt stehen.
OLG Linz bestätigt Ehrverletzung der Betriebsinhaber und Mitarbeiter
Das OLG Linz hält fest, dass der erste Kommentar („rote Socken“) im Sinne des zweiten Kommentars („rode o***asch“) zu verstehen ist. Somit ist eine Ehrverletzung der Betriebsinhaber und der anderen Mitarbeiter definitiv zu bejahen. Im Verfahren hatten die Geschäftsführer auch erklärt, durch diese Kommentare persönlich betroffen zu sein.
Auch Einwände, wie bspw. dass das Schimpfwort nicht ausgeschrieben wurde, oder der vorherrschende „raue Umgangston“ nutzten dem Betriebsratsmitglied nichts. Das Gericht hielt hierzu fest, dass gerade das Verwenden der Sterne, die Möglichkeit auf weitere Interpretation (wie z.B. im Sinne von „Ober-„) auftut. Der „raue Umgangston“ konnte vom Gericht schlicht nicht festgestellt werden.
Eine ordentliche Revision an den OGH wäre zwar zulässig gewesen wurde aber nicht erhoben. Der OGH hat sich in der Frage Ehrverletzung bereits wiederholt zu Gunsten des Verletzten ausgesprochen.
OGH steht Ehrverletzungen kritisch gegenüber
In der Entscheidung 9ObA285/97w wird vom OGH festgestellt, dass eine Ehrverletzung dann vorliegt, wenn eine Handlung (auch Äußerungen !) geeignet ist „…das Ansehen und die soziale Wertschätzung des Betroffenen durch Geringschätzung, Vorwurf einer niedrigen Gesinnung, üble Nachrede, Verspottung oder Beschimpfung herabzusetzen und auf diese Weise das Ehrgefühl des Betroffenen, wenn er davon erfährt, zu verletzen…“ (vgl. auch 9ObA 51/09d).
Auch nicht strafrechtlich relevantes Verhalten kann eine solche Ehrverletzung darstellen. Nicht erforderlich ist, dass die Äußerungen öffentlich erfolgen. Auch müssen Äußerungen nicht unmittelbar gegenüber dem Beleidigten getätigt werden.
Damit eine Ehrverletzung vorliegt, muss aber die Handlung/Äußerung objektiv geeignet sein den Betroffenen zu verletzen und zusätzlich muss im konkreten Fall der Beleidigte verletzt, gekränkt, betroffen oder dergl. sein (vgl. zum Beispiel 4Ob120/53).
Resumee
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist zu begrüßen.
Soziale Netzwerke, wie Facebook, Twitter und Co. bieten die Möglichkeit eines umfassenden Meinungsaustausches.
Der Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sollte, trotz teilweiser Anonymität („Facebook-Freunde“ kennen sich oftmals gar nicht) und fehlender persönlicher Interaktion, aber ebenso Grenzen gesetzt sein, wie es auch außerhalb solcher Medien üblich ist.
Gerade die Tatsache, dass solche Kommentare oder Statusänderungen oft öffentlich bekannt gemacht werden, machen Beschimpfungen, Verspottung und dergl. besonders gravierend für den Beleidigten.
Im vorliegenden Fall wurde die ordentliche Revision an den OGH gar nicht erhoben. Angesichts der oben zitierten Entscheidungen ist nicht davon auszugehen, dass der Oberste Gerichtshof anders als das OLG Linz entschieden hätte. Beleidigungen und Beschimpfung werden auch beim OGH nicht gerne gesehen.
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