Wirtschaftsauskunftei zu Schadenersatz verurteilt MMag. Michael Krenn
Wirtschaftsauskunftsdienst zu Schadenersatzzahlung von über 3.000,- Euro aufgrund Verarbeitung und Weitergabe veralteter Bonitätsdaten verurteilt
Im vergangenen Jahr konnten wieder zahlreiche Betroffene - viele unterstützt durch die ARGE Daten - gerichtliche Erfolge gegen Wirtschaftsauskunftsdienste feiern. Teils wurden Ansprüche auf Löschung von Bonitätsdaten eingeklagt, teils Ersatzansprüche aufgrund der unrechtmäßigen Verarbeitung. Die gerichtlich zugesprochenen Ersatzbeträge für erlittene immaterielle Schäden beschränkten sich bisher meist nur auf symbolische Beträge. In einer neuen Entscheidung des Landesgerichts Innsbruck (12 Cg 72/10h) wurde dem Betroffenen, der seinen Vermögensschaden vor Gericht beweisen konnte, angemessener Schadensersatz zugesprochen.
Abgelehnter Handyvertrag, Lieferung eines Kinderwagens verweigert
Aufgrund der Exekutionseintragungen hatten verschiedene Netzbetreiber dem Kläger einen günstigen Handyvertrag verweigert. Bei einem Betreiber hätte er als ehemaliger Tester sogar Anspruch auf einen 50%-igen Nachlass auf die Grundgebühr gehabt. Einzig ein Marktanbieter war nach Hinterlegung einer Kaution bereit gewesen, einen Mobilfunkvertrag mit dem Kläger abzuschließen, dies zu wesentlich schlechteren Konditionen. Erst nach gerichtlicher Klärung mit dem Auskunftsdienst war man bereit gewesen, dem Betroffenen einen vergünstigten Vertrag zu geben, die Mehrkosten waren bereits entstandenen. Weiters war die Online-Bestellung eines Kinderwagens zu einem vergünstigten Preis auf Rechnung, wegen der Exekutionsdaten abgelehnt worden. Als der Kläger daraufhin den Kinderwagen per Kreditkarte bestellen wollte, war dieser bereits vergriffen, weshalb er gezwungen war, denselben Kinderwagen bei einer anderen Firma teurer zu kaufen. Der Schaden aus den verweigerten Leistungen betrug für den Kläger mehrere tausend Euro.
Neben diesen Vermögensschäden, die der Kläger gegenüber dem Wirtschaftsauskunftsdienst geltend machte, begehrte er auch einen immateriellen Schadenersatz von EUR 1.000,-.
Zahlreiche Verstöße des Auskunftsdienstes
Trotz Widerspruch gemäß § 28 DSG 2000 hatte die Unternehmung zunächst nicht reagiert und erst auf die wiederholte Aufforderung mit Hinweis auf eine oberstgerichtliche Entscheidung das Schreiben des Klägers unfrankiert mit dem handschriftlichen Vermerk „Eintragungen des Bankrotteur gelöscht!“ retourniert. Der Beklagte hatte den Kläger weder über die Aufnahme der entsprechenden Datensätze in seine Datenbank benachrichtigt, noch die Daten jemals aktualisiert. Dass sämtliche Exekutionen zwischenzeitlich eingestellt waren, war aus dieser Datenbank nicht ersichtlich gewesen.
Der Beklagte behauptete im Zuge des Verfahrens, dass die Daten des Klägers nicht kausal für die verweigerten Leistungen gewesen seien. Auch sei in der öffentlich zugänglichen Ediktsdatei zu ersehen gewesen, dass im Jahr 2006 das Schuldenregulierungsverfahren gegen den Kläger eröffnet worden sei und dies hätte bereits gereicht, die Leistungen zu verweigern. Die Aufnahme von Exekutionsdaten in die Datenbank des Beklagten könne nicht kränkend sein. Weiters folgten verschiedene Ausführungen der Unternehmung, weshalb der eingeklagte Schaden der Höhe nach nicht zutreffen könne.
Gericht bestätigt Vorbringen des Klägers
Der Kläger hatte vorgebracht, dass die beklagte Auskunfteiunternehmung Auftraggeber einer öffentlich zugänglichen Datei sei. Daten über angeblich gegen den Kläger geführte Exekutionsverfahren hätte dieser entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes verwendet und an dritte Personen übermittelt. Durch die rechtswidrige und schuldhafte Verwendung dieser Exekutionsdaten waren dem Betroffenen die oben ausgeführten Vermögensschäden entstanden.
Das Gericht fand im Rahmen des durchgeführten Beweisverfahrens die Vorbringen des Klägers im wesentlichsten bestätigt. Hinsichtlich der beklagten Unternehmung wurde insbesondere festgestellt:
a.) Die bekanntgegebenen Daten waren vom Beklagten nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft worden.
b.) In der Datenbank fanden sich auch Daten von Exekutionsverfahren, deren Einleitung mehr als 6 Jahre zurück lag.
c.) Eine Aktualisierung der Daten, etwa wenn ein Exekutionsverfahren nach seiner Bewilligung eingestellt wurde, fand in der Datenbank des Beklagten nicht statt. Obwohl alle in der Bonitätsauskunft des Beklagten gespeicherten Exekutionsverfahren bereits spätestens Ende 2006 eingestellt waren, hatte der Beklagte dies in seiner Auskunftei nicht vermerkt, sondern die Daten über die bewilligten Exekutionsverfahren weiterhin Dritten zur Verfügung gestellt.
Schadenersatz zugesprochen - Kreditauskunfteien haften für Vermögensschäden
Die rechtliche Würdigung des Gerichts fiel eindeutig aus: Der beklagte Unternehmer hatte gegen die Bestimmungen des DSG 2000 verstoßen, weshalb dem Betroffenen sowohl der Ersatz des Vermögensschadens als auch ein Ersatzbetrag für die erlittene Kränkung zugesprochen wurde. Aufgrund der Datenbekanntgabe an zahlreiche Unternehmen war auch dem immateriellen Ersatzbegehren von EUR 1.000,- stattgegeben worden.
Gerichtliche Geltendmachung mühsam für Betroffene
Meist ist nicht klar ist, aus welchem Grunde ein Betroffener abgelehnt wurde, da viele Unternehmungen ihre Datenquellen nicht preisgeben. Erst die Auskunft verschiedenster Auskunfteiunternehmen kann hier Licht ins Dunkel bringen. Auch der Kausalitätsnachweis ist oft nur mühsam zu erbringen, da für diesen feststehen muss, dass die Leistungsverweigerung tatsächlich Folge der rechtswidrigen Datenverarbeitung war.
Diese Prozesse erfordern neben dem üblichen Kostenrisiko auch massiven Zeitaufwand der Betroffenen für Dokumentation der entstandenen Schäden und deren Ursache.
Als Druckmittel, um Unternehmungen der Auskunfteibranche zur Beachtung der gesetzlichen Regelungen zu bringen, wäre ein wirtschaftlich erheblicher immaterieller Schadenersatz zu denken. Vor allem aber wäre es Aufgabe der Verwaltungsbehörden, derartige Verstöße - die ohnehin zum Teil seit Jahren bekannt sind - mit massiven Verwaltungsstrafen zu ahnden. Die vorsätzliche Schädigung Betroffener in Gewinnabsicht kann weiters auch ein Fall für die Staatsanwaltschaft sein.
So erfreulich dieser Fall ist, so bedauerlich ist es, wenn die Ahndung von Gesetzesverstößen, die eigentlich eine behördliche Aufgabe wäre, den Betroffenen unter Aufwand von Zeit und hohem Kostenrisiko aufgebürdet wird.
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